Montag, 5. Mai 2008
Wie Quecksilber auf Nervenzellen wirkt
Quecksilber war über Jahrzehnte eines der meist verwendeten Konservierungsmittel bei biologischen Arzneimitteln (z.B. Augentropfen). Unter dem Namen Thiomersal (bzw. engl: Thimerosal) war es auch fester Bestandteil in den meisten Kinderimpfungen.
Erst seit etwa 2001 ist es in den Industrieländern möglich, die Kinder weitgehend mit Quecksilber-freien Produkten zu impfen.
In den Entwicklungsländern wird das hoch giftige Metall - auf Betreiben der WHO - jedoch nach wie vor routinemäßig als Konservierungsmittel eingesetzt.

Hier ein Video der Universität Calgary, das die schädliche Wirkung von Quecksilber auf Nervenzellen eindrucksvoll illustriert (Quick Time öffnet sich):

http://movies.commons.ucalgary.ca/showcase/curtains.php?src=http://apollo.ucalgary.ca/mercury/movies/Lor2_QTS_700kb_QD.mov&screenwidth=512&screenheight=400&curtains=no

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Dienstag, 29. April 2008
Klaus Hartmann zur Moral der STIKO
Hier ein weiteres Interview, das ich für mein eben erschienenes Buch "Lob der Krankheit - Warum es gesund ist, ab und zu krank zu sein" (siehe: --> http://www.ehgartners.info ) führte.
Im ersten Teil sprach ich mit dem langjährigen STIKO-Vorsitzenden Heinz-Josef Schmitt, der letzten Herbst nicht ganz überraschend auf die Seite der Impfstoff-Hersteller zu Novartis-Vaccines gewechselt ist. In der zehn Jahre dauernden Ära von H.-J. Schmitt wurden von der STIKO so viele Impfstoffe in den offiziellen Impfplan genommen, wie nie zuvor. Darunter die heftig umstrittenen Empfehlungen für die Windpocken-Impfung im Babyalter, die Pneumokokken- oder die HPV-Impfung.
Interview, Teil 1:
http://med.blogger.de/stories/1103381/
Interview, Teil 2:
http://med.blogger.de/stories/1103792/

Dies hier ist nun die gekürzte Version eines Interviews mit Dr. Klaus Hartmann, einem der führenden deutschen Experten zu Impfschadensfällen und Komplikationen. Zuvor war er ein Jahrzehnt beim Paul Ehrlich Institut (PEI) tätig.

Dr. Klaus Hartmann
<br />
www.impfstoffsicherheit.de

Das Gespräch wurde im Oktober letzten Jahres geführt und ist in Auszügen im Buch veröffentlicht.

Ehgartner: Der langjährige STIKO-Vorsitzende Schmitt war ein Meister in der Verflechtung seiner geschäftlichen Beziehungen mit seiner wissenschaftlichen bzw. beratenden Tätigkeit…

Hartmann: Das kann man wohl sagen, er war oftmals tätig für GlaxoSmithKline als Leiter von klinischen Prüfungen. Das ist eine sehr hoch dotierte Position, wenn sie eine große Impfstoff-Studie als Leiter der Prüfung betreuen. Das ist ja kein Geheimnis. Er hat viel für die Industrie gearbeitet. Der Schmitt gibt das aber auch ganz offen zu.

Ehgartner: Er bekam vergangenes Jahr - noch als STIKO-Chef - einen Preis „zur Förderung des Impfgedankens“, der mit 10.000 Euro dotiert war und von einem Impfstoff-Hersteller finanziert wurde. Daraus entsteht schon eine eigenartige Optik, vor der er sich aber nicht zu fürchten schien?

Hartmann: Ja, das ist schon interessant, dass er so etwas in seiner Eigenschaft als STIKO Vorsitzender annimmt.

Ehgartner: Er ist auch der Koordinator einer Gruppe Europäischer Impfexperten, dem so genannten „Summit of Independent European Vaccination Experts“ (SIEVE)

Hartmann: Die fliegen auf Industriekosten irgendwo hin, wo sie sich zum Thema Impfstoffsicherheit zusammensetzen. Sie kommen dort zur gemeinsamen Überzeugung, dass Impfen unglaublich sicher ist und man keine eigenen Sicherheitsstudien braucht. Das sind meist die Ergebnisse dieser Konferenzen und Schmitt ist immer dabei.

Ehgartner: Bei der Erklärung zu den finanziellen Interessenskonflikten gibt die SIEVE-Gruppe an, dass sie von der Stiftung Präventive Pädiatrie finanziell unterstützt werden und es keine sonstige Förderquelle gibt.

Hartmann: Diese Stiftung ist zum Großteil von der Industrie finanziert, um Impfstoff-Studien zu machen.
Hier wird aber nur schwer eine Transparenz zu schaffen sein. Gerade auch im Umfeld der STIKO ist das aber wirklich bedenklich: Ein STIKO-Vorsitzender, der bei einer Institution beschäftigt ist, die aus der Industrie finanziert wird. Das ist ja absurd. Wie soll der unbefangen im Auftrag des Gesundheitsministeriums entscheiden, welche Impfung aus medizinischen Gründen sinnvoll und notwendig ist? An so einer Impfempfehlung der STIKO hängen ja für die Industrie Milliardenumsätze dran. Wenn so jemand – auch nur teilweise von der Industrie bezahlt wird, so ist das absurd.

Ehgartner: Die Empfehlung für den HPV-Impfstoff brachte Gardasil (Anm: das erste zugelassene Produkt) im heurigen Jahr schon Umsätze von fast einer halben Milliarde und wurde vom Fleck weg zum bestverkauften Arzneimittel in Deutschland…

Hartmann: Diese ganz starke Lobbyarbeit des Herstellers gab es auch schon in den USA. Die wollten einführen, dass jedes Mädchen gezwungen wird, sich impfen zu lassen. Das ist wohl etwas am wackeln, weil eine Menge unerwünschter Reaktionen inklusive drei Todesfällen im Meldesystem aufgetaucht sind. Die Verpflichtung kippt wahrscheinlich.

Ehgartner: Es wurde in den letzten Jahren auch fast jeder Gynäkologen Kongress finanziell gesponsert.

Hartmann: Dabei sind die Gynäkologen noch am skeptischsten gegenüber HPV, weil sie ihre eigene Zervix-Vorsorge ein bisschen in Gefahr sehen, die ja eine ihrer Einkunftsquellen ist.

Ehgartner: Das PAP Screening steht in Deutschland nicht unbedingt zum besten. Trotz einer relativ hohen Test-Frequenz ist der Rückgang der Krebszahlen nicht so gut wie in anderen Ländern.

Hartmann: Das kann man ja verbessern. Wir müssen die Vorsorge weiterlaufen lassen, weil ja auch nicht alle krebserregenden Viren durch die Impfung abgedeckt werden. Das ist aber schwierig, weil viele Leute sagen werden: Na, ich bin ja geimpft – jetzt geh ich nicht mehr zur Vorsorge. Es ist sogar möglich, dass wir über diesen Effekt ein Ansteigen der Zervix-Krebsrate bekommen.

Ehgartner: Wie stehen Sie zur Empfehlung der allgemeinen Windpockenimpfung, die nun schon einige Jahre gilt?

Hartmann: Das ist auch reines Pharma-Marketing. Da müssen Sie schon lange suchen, bis Sie ein Kind finden, dass durch eine Windpocken-Erkrankung einen schweren Schaden davon trägt.
Die Kinderärzte sagten, man könne ja gegen vieles impfen. Aber doch nicht gegen Windpocken. „So ein Kind muss doch auch mal irgendwie eine Art von normaler Krankeit durchmachen, dass sein Organismus das mal kennen lernt. Und da sind die Windpocken ideal.“
Also kam das Argument, man müsse das volkswirtschaftlich sehen, durch die Reduktion der Pflegetage der Eltern, hieß es, zahlt sich das aus.
Und jetzt wird’s von den Herstellern bald nur noch den Vierfach-Impfstoff (Anm: Kombi gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken) am Markt geben. Sie werden bald keinen anderen mehr kriegen. Und dann müssen alle gegen Windpocken impfen.

Ehgartner: Wie ist hier die Position des PEI?

Hartmann: Die machen keine Empfehlungen, das macht nur die STIKO am Robert Koch Institut in Berlin. Die STIKO ist völlig autark. Die Personen werden vom Ministerium ausgewählt. Das sind verdiente Leute, die sich ums Impfen einen Namen gemacht haben. Das PEI prüft nur die Zulassungsanträge und macht die Risikoüberwachung.

Ehgartner: Eigentlich müsste hier von der Gesundheitsministerin eine Offensive ausgehen, um endlich die wirkliche Unabhängigkeit der STIKO zu gewährleisten.

Hartmann: Ja, auf jeden Fall. Es gibt ja auch eine Menge Kritik. Das Ministerium ist jedenfalls informiert.

Ehgartner: In Österreich haben wir ein Nebenwirkungs-Meldesystem bei Impfstoffen, das den Namen nicht verdient. Wie steht es damit in Deutschland?

Hartmann: Das dient eher zur Beruhigung und zum Vorzeigen. Das ist in Wahrheit aber völliger Humbug. Die Melderate ist gering. Die Ärzte sind recht schlecht über mögliche Impfreaktionen aufgeklärt. Sie wissen auch gar nicht, dass es beispielsweise zeitverzögerte autoimmune Komplikationen nach Impfungen geben kann. Davon haben die nie gehört. Sie melden so etwas nicht. Und nun haben wir große Computer stehen und hochvernetzte Experten, die die Meldungen verarbeiten könnten, aber es kommt nichts. Und da ist auch kein Interesse erkennbar, hier an dieser Input-Seite etwas zu tun. Denn da müssten sie ja mal etwas Aufklärung bei der Ärzteschaft machen, was es für seltene Komplikationen gibt, auf was man achten muss und was man wirklich melden muss. Auch Sachen, die man selber gar nicht zuordnen kann. Man müsste der Ärzteschaft auch vermitteln, dass sich niemand blamiert, der eine Meldung an das Amt schickt, von einem Vorfall den man nicht versteht. Denn genau das müsste gemeldet werden. Wir sind jedenfalls weit entfernt davon, dass wir auf Grund der jetzigen Meldepraxis wissenschaftlich gültige Aussagen machen könnten.

Ehgartner: Wie wird denn so ein Nebenwirkungsverdacht in der Praxis im Normalfall behandelt?

Hartmann: Der erste Weg des Arztes, wenn er nicht weiter weiß, führt normalerweise zu dem Referenten der Pharmafirma, der immer zu ihm kommt und ihn berät. Und der sagt dann vielleicht: „Ach ne, Quatsch, sowas haben wir in den Studien nie gesehen, das hat mit der Impfung nichts zu tun.“ Und dann ist das Problem ausdiskutiert. So ist die Praxis. Das läuft in Deutschland hanebüchen schlecht.
Und wenn man ein wenig versucht, darauf hinzuweisen, dann kommt der Prof. Schmitt und erzählt, dass moderne hochgereinigte Impfstoffe überhaupt keine Nebenwirkungen mehr machen.

Ehgartner: Bei Hexavac (Anm: im Herbst 2005 vom Markt genommener Sechsfach-Impstoff für Säuglinge) kam die Mehrzahl der Todesfälle, die zur Einleitung einer Untersuchung führten, von einem einzigen Arzt

Hartmann: Ja vom Pathologen Prof. Randolph Penning vom Institut für Rechtsmedizin in München. Der hat die Kinder obduziert, der hat die Gehirne gesehen. Ich habe mit ihm noch telefoniert. Er sagte, so ein Gehirn habe ich echt noch nicht gesehen. Das war so massiv geschwollen, einen Tag nach der Hexavac Impfung. Und er hat das auch publiziert. Da gab es einen Skandal drum. Er wurde angegriffen. Auch von Schmitt und anderen industrienahen Wissenschaftlern. Den haben sie so runter gemacht: dass er eigentlich gar keine Ahnung hätte von Pathologie. Er hat dann noch eine Publikation gemacht, sich verteidigt und ist bei seiner Meinung geblieben: dass das eben Komplikationen von Hexavac waren.
Der Münchner Epidemiologe Rüdiger von Kries fand dann auch das signifikante Signal im zweiten Lebensjahr. Da war dann auch das Geschrei groß: signifikantes Risiko für Tod, das kann doch wohl nicht sein. Es war aber so.
Und dann ist Hexavac ja verschwunden. Kurz nachdem eine Studie von RKI und PEI initiiert wurde zur genauen Untersuchung aller Todesfälle im ersten und zweiten Lebensjahr (Anm: dabei handelt es sich um die Token-Studie). Drei Wochen danach wurde Hexavac vom Markt genommen unter einem völlig an den Haaren herbeigezogenen Vorwand. Irgendwas muss man ja sagen, warum es den Impfstoff nicht mehr gibt. Und da sagte man eben etwas von der Langzeitwirksamkeit der Hepatitis B Komponente. Die sei nicht gewährleistet gewesen. Eine ganz komische Begründung.
Ich denke, wenn die Studie vorbei ist, Ende 2008 und gezeigt hat, dass beim zweiten Sechsfach Impfstoff Infanrix kein Risiko zu erkennen ist, dann wird auch Hexavac vermutlich wieder auftauchen: mit verbesserter Langzeit-Wirkung gegen Hepatitis B.

Ehgartner: Der Cochrane-Impfexperte Tom Jefferson wunderte sich im Gespräch mit mir, warum beim Impfen so eigene wissenschaftliche Gesetze herrschen, warum hier so eine penetrante Sorglosigkeit an den Tag gelegt wird. Was ist ihre Meinung dazu?

Hartmann: Sehen Sie mal die wirtschaftliche Seite. Das ist ja kein Nischenbereich mehr, so wie früher. Das ist ja inzwischen eines der ganz großen Geschäfte geworden. Sie haben einen Markt, der ist ganz anders als bei anderen Arzneimitteln. Sie haben keinen generischen Wettbewerb. Sie haben einen Patentschutz der läuft ewig, wenn sie einen Impfstoff entwickelt haben. Sie haben eine relativ unproblematische Zulassung, müssen ja nur die Antikörpertiter nachweisen und keine klinische Wirksamkeit. Sie brauchen keine langfristig angelegten Endpunkt-Studien, wie für ein Herz-Kreislauf-Mittel. Da muss man ja wirklich zeigen, dass man weniger Herzinfarkte hat. Das ist ja beim Impfen alles nicht.

Ehgartner: Man muss auch keine Placebo kontrollierten Studien machen, weil das unethisch wäre…

Hartmann: Genau. Das sind alles so Dinge, die sind relativ einfach. Die Zulassung, da haben Sie so einen massiv voreingenommenen Schmitt, der da eine Empfehlung organisiert. Da wird so viel Geld damit verdient, dass dieses System auch mit Absicht so gepflegt wird. Und da fließt auch mit Sicherheit einiges an Geld rein, dass das immer weiter so läuft. Da können Sie ganz sicher sein, dass das kein Zufall ist. Das ist ein sehr durchdachtes System. Und jeder, der da ein bisschen dagegen angeht, dem wird auch massiv wissenschaftlich der Ruf geschädigt.

Ehgartner: Tom Jefferson sagte, es wird ein sehr unangenehmer Druck aufgebaut, bis hin zu massiven Drohungen.

Hartmann: Ja, wenn Sie etwas Kritisches sagen, dann können Sie fest davon ausgehen. Schädigung des wissenschaftlichen Rufes ist da wohl noch die feinste Variante. Man will sich dieses Geschäft nicht so einfach madig machen lassen.

Ehgartner: Haben Sie selbst diesbezüglich schon mal Probleme bekommen?

Hartmann: Nein. Ich fordere halt bei jeder Gelegenheit, dass man für eine neue Impfung langfristig angelegte Sicherheitsstudien mitlaufen lassen muss. Damit man sieht, ob die Geimpften einen Vorteil gegenüber den Nicht-Geimpften haben. Und ob der Vorteil auch nach fünf oder zehn Jahren noch besteht. Das müsste man irgendwann mal machen, wenn man Daten haben will, die vernünftig sind. Wir werden sehen, vielleicht kommen ja noch die Zeiten, wo man so was wirklich machen muss.

Ehgartner: Einstweilen geht’s noch in die Gegenrichtung. Speziell auch wenn man sich ansieht, was mittlerweile als Placebo verwendet wird.

Hartmann: Bei Gardasil hat man die Aluminiumhydroxid-Lösung als Placebo genommen. Gerade jetzt, wo ja die Diskussion dahin geht, ob die Adjuvantien bei den unerwünschten Wirkungen eine mächtige Rolle spielen. Dass man also gar nicht sagen kann, ob das Problem mehr beim Antigen oder beim Adjuvans liegt. Und dann nimmt man das als Placebo und verkündet noch stolz: gegen Placebo ist der Impfstoff 100prozentig sicher. Das ist absurd. Wer so etwas genehmigt, der gehört nach Hause geschickt.

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Donnerstag, 24. April 2008
WHO verschätzte sich bei Grippe-Impfmix
Mit Jahresbeginn setzte heuer in Europa und den USA eine recht heftige Grippewelle ein.
In der 3. Jännerwoche gab es allein in Wien 16.000 Neuerkrankte, das stieg nach Schätzungen der Influenza-Experten bis zur ersten Februarwoche noch weiter an auf 28.000 Neuerkrankungen. Dann verflüchtigte sich der Spuk wieder.

Die letzte derart heftige Influenza gab es zuletzt 2003/2004.

Damals hatte die Influenza Europa und die USA so intensiv erwischt, dass Zweifel aufkamen, ob der Impfstoff überhaupt eine Wirkung zeigte. Denn unter den Kranken waren fast genau so viele Geimpfte wie Ungeimpfte.
Anders als in Europa gingen die Behörden in den USA dieser Frage recht gründlich nach. Und erste Untersuchungen der CDC kamen zu recht ernüchternden Resultaten. Tatsächlich: Die auch in guten Jahren recht bescheiden wirksame Impfung bot diesmal einen Schutz von weniger als 20%.

Dies lag daran, dass 2003/04 der Panama-Stamm erwartet wurde. Doch gekommen ist leider der Virentyp Fuji.
http://www.nytimes.com/2004/01/15/health/15FLU.html?pagewanted=print&position=

Die Influenza-Surveillance der WHO hatte auch Fuji vorhergesagt. Doch die Viren erwiesen sich als so aggressiv, dass es nicht gelang, sie auf den lebenden Hühnerembryonen anzuzüchten. Anstatt sich zu vermehren, killten sie ihren Wirt.

Dem Run auf die Impfung tat dies jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil. In der nächsten Saison, 2004/2005 ließen sich - wegen der Grippe-Panik nach den Erfahrungen des Vorjahres so viele Menschen impfen wie schon lange nicht. Zu allem Überfluss wurden auch noch einige Impffabriken aus hygienischen Gründen von den Behörden geschlossen. Der halbe Jahresbedarf der USA fiel damit flach.
Die Leute standen Schlange, wenn irgendwo noch Restposten auftauchten.

2005/2006 schraubten die Impfstoff-Hersteller ihre Kontingente auf Rekordhöhen. Die Grippe-Wellen blieben jedoch, ebenso wie 06/07 weitgehend aus.

Nun gab es also wieder mal eine richtige große Surfwelle, die uns die Viren massenhaft ins Land schwemmte.

An sich wären das gute Nachrichten für die Grippe-Geimpften - denn damit hätten Sie ja einen ordentlichen Gesundheitsvorteil gehabt gegenüber den Impfmuffeln.

Leider ist das nicht so sicher. Denn so wie zuletzt 2004 mehren sich auch jetzt wieder die Hinweise, dass just dann, wenn die Grippewelle einmal rollt, im Impfstoff die falschen Virenstämme verwendet wurden.

Dieses mal wüteten der Influenza A-Typ "Brisbane" und der B-Typ "Florida". Und abermals waren die Impfstämme leider auf andere Weltgegenden getauft. Bot der A-Typ noch eine magere Kreuzprotektion waren die Geimpften gegen den B-Typ vollkommen schutzlos, was zusammen in einer recht mageren Wirksamkeit von 44% mündete.
http://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/mm5715a1.htm

Mal sehen, welche Erfahrungen in diesem Zusammenhang die Bediensteten der Uniklinik Graz machten. Dort hatte sich die Anstaltsleitung für die Impfaktion gegen Influenza etwas Besonderes einfallen lassen: Wer sich impfen ließ, bekam eine Autobahn-Jahres-Vignette gratis, also ein Geschenk im Wert von mehr als 80 Euro.
Anstatt bescheidener 15% stürmte diesmal mehr als die Hälfte der Ärzte, Krankenschwestern und des Verwaltungspersonals die Impfabteilung. Fast 4000 Medizinberufler ließen sich impfen.

Ich bin schon neugierig auf die Erfahrungen, die hier gemacht wurden. - Und ob sich die teure Aktion zumindest in der Reduktion der Krankenstandstage gerechnet hat. Ein gutes Jahr haben sich die Grazer für ihre Aktion aber scheinbar nicht ausgesucht.

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Dienstag, 22. April 2008
Vortrag und Buchpräsentation
Für alle Interessenten, die es nicht weit nach St. Pölten haben, ist folgender Termin gedacht:

Bert Ehgartner präsentiert sein soeben im Verlag Lübbe erschienenes Buch "Lob der Krankheit - Warum es gesund ist, ab und zu krank zu sein".

Wann: DI, 29. April 2008, 19 Uhr

Wo: Pielachtalhalle Ober-Grafendorf (Kleiner Festsaal), Raiffeisengasse 9

Eintritt: 7.- (bei Voranmeldung), 9.-Euro (Abendkasse)

Voranmeldung bitte hier
oder unter 0664/73556464
beim Veranstalter Mag. Martin Wöber

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Samstag, 19. April 2008
Mehr als 100 Todesfälle nach Säuglings-Sechsfachimpfung
Erinnert sich noch jemand an die glorreichen Zeiten, als keine Rede war von möglichen Schadensfällen nach Impfungen? Als die Meldemoral der Ärzte so derart nicht vorhanden war, dass ein Impfling unmittelbar nach der Impfung wohl hätte explodieren müssen, damit ein Arzt sich seiner/ihrer gesetzlichen Meldepflicht erinnert.

Diese Zeiten sind noch nicht so lange her.

Es war 2003, als ein Kärntner Baby nach der Impfung mit Hexavac (dem damaligen Sechsfachimpfstoff) am selben Abend noch verstarb.
Eine Anfrage meinerseits im österreichischen Gesundheitsministerium ergab damals, dass bis dahin im ganzen Land KEINE EINZIGE Verdachtsmeldung auf eine Impf-Nebenwirkung vorlag. Keine leichte, keine schwere: GAR KEINE.

Und auch in Deutschland war die Lage ähnlich. So ergab eine Untersuchung des Paul Ehrlich Institutes, dass von sieben Todesfällen im nahen zeitlichen Zusammenhang zu einer Impfung nur EINE EINZIGE den Behörden gemeldet worden ist.
(zitiert nach Kries et al. 2005
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15602672?ordinalpos=44&itool=EntrezSystem2.PEntrez.Pubmed.Pubmed_ResultsPanel.Pubmed_RVDocSum)

Bei der Sitzung der Europäischen Arzneimittelbehörde, die aufgrund der Hexavac-Todesfälle im April 2003 einberufen worden war, wurde gerade auf Basis von fünf Todesfällen (der Kärntner Todesfall und vier in Deutschland) eine mögliche Beteiligung der Impfung diskutiert.
Mehr war nicht bekannt.
Und von den vier deutschen Fällen wurden gleich drei von einem einzigen Mediziner gemeldet.

Das hat sich nun grundlegend geändert. Zumindest in Deutschland dürfte sich die Meldemoral kräftig verbessert haben.
Das zeigt die Datenbank des Paul Ehrlich Instituts, wo bis zum Jahr 2007 jetzt schon mehr als 100 Todesfälle in zeitlichem Zusammenhang zu Sechsfachimpfungen registriert sind.

Das heißt jetzt natürlich nicht, dass diese auch durch die Impfung verursacht wurden. Aber es ermöglicht nun wenigstens eine bessere Prüfung der Verdachtsfälle auf mögliche gemeinsame Reaktionsmuster und Testbefunde.

Nach dem Markt-Rückzug des umstrittenen Präparates Hexavac im September 2005 ist mit Infanrix hexa nun nur noch eine einzige Sechsfach-Impfung für Säuglinge erhältlich.

Und durch die enorm gestiegene Meldemoral sind nun bereits mehr als doppelt so viele Todesfälle nach Infanrix hexa (69 Fälle) als nach Hexavac (32 Fälle) registriert.

Das Paul Ehrlich Institut legt auch noch einmal ganz klar dar, welche Verdachtsfälle gemeldet werden müssen und formuliert das auch gleich in der Umkehrung:

Zitat:
Welche Impfreaktionen sind nicht meldepflichtig?

* Vorübergehende Lokal- und Allgemeinreaktionen, die als Ausdruck der Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff anzusehen sind.
* Krankheitserscheinungen, denen offensichtlich eine andere Ursache als die Impfung zugrunde liegt.



Und es wird noch eigens hinzugefügt:

Zitat:
Um Signale zeitnah erkennen zu können, ist es daher durchaus erwünscht, dass auch Gesundheitsstörungen gemeldet werden, die zwar in einem zeitlichen, möglicherweise jedoch nicht in einem kausalen Zusammenhang mit einer Impfung stehen.

Ich beschreibe das hier deswegen, weil es immer noch prominente Impfexperten gibt, die öffentlich eine gegenteilige Ansicht vertreten und damit nach wie vor den Impfärzten die Entscheidung überlassen wollen, ob eine Nebenwirkung nun tatsächlich ursächlich ist, oder nicht.
Es ist ganz eindeutig NICHT die Aufgabe der Impfärzte, hier maximale Diagnostik zu betreiben, bzw. mit der Meldung zuzuwarten, bis in den Verdachtsfällen die maximale Diagnostik irgendein Ergebnis gebracht hat!

Deshalb ist es auch wichtig, dass Eltern hier bescheid wissen und gegenüber den Ärzten darauf bestehen, dass diese Meldung auch tatsächlich gemacht wird. Die Nicht-Erfüllung der Meldepflicht ist sogar strafbar!

Nur mit einer gewissenhaften Meldung von Verdachtsfällen können Impfstoffe laufend verbessert und auch sehr seltene Komplikationen erfasst werden.

Der Großteil der Todesfälle wird im Melderegister als "plötzlicher Kindstod" deklariert.
Also als plötzlicher Todesfall im ersten Lebensjahr, der keine Erklärung hat und meist im Schlaf ohne Vorwarnung eintritt.
Bei einigen derartigen SIDS-Meldungen erscheint die Diagnose wirklich grotesk.
Etwa dann, wenn unmittelbar nach der Impfung eine anaphylaktische Reaktion mit Atemstillstand beschrieben wird.
Oder ein Kind nach der Impfung auffällig blass wird, mit den Augen rollt, schreit und noch am selben Tag verstirbt.

Ich bin jedenfalls schon gespannt auf die Ergebnisse der TOKEN Studie, wo alle Todesfälle Deutschlands im Alter von 1 bis 24 Monaten erfasst werden. Dann müsste sich endgültig zeigen, ob das Risiko für "plötzlichen Kindstod" oder sonstige Todesfälle in zeitlichem Zusammenhang zu Impfungen erhöht ist. Und wenn ja, wie sehr dieses Risiko erhöht ist.

Die Studie wurde im Sommer 2005 als unmittelbare Reaktion auf die Hexavac-Verdachtsfälle begonnen.
Erste Ergebnisse sollen laut Robert Koch Institut noch heuer publiziert werden – wenn der Zeitplan hält.

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Freitag, 18. April 2008
"Wir schicken die Kinder dort hin, wo sie krank werden"
Hier nun der zweite Teil des Interviews mit dem langjährigen Vorsitzenden der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch Institut, Heinz-Josef Schmitt, der im September 2007 überraschend zum Impfstoff-Hersteller Novartis Vaccines gewechselt ist. Das Gespräch wurde Mitte Oktober 2007 von Bert Ehgartner geführt und in Auszügen für das eben erschienene Buch "Lob der Krankheit - Warum es gesund ist, ab und zu krank zu sein" verwendet.

Näheres zum Buch und eine Leseprobe finden Sie hier:
http://www.ehgartners.info

Den ersten Teil des Interviews mit Prof. Schmitt finden Sie hier:
http://med.blogger.de/stories/1103381/


Ehgartner: Sie haben an den STIKO Beratungen zur Pneumokokken-Impfung teilgenommen, obwohl Sie von den Herstellern dieser Impfung finanzierte Studien geleitet und dafür Honorar bekommen haben. Wie war das vereinbar?

Schmitt: Es gab einen Teil, wo Fachfragen abgefragt werden. Da konnte ich dabei sein. Wenn hingegen beraten wird, ob die Empfehlung dafür oder dagegen abgegeben werden soll, da muss man dann raus gehen. Bei der Abstimmung habe ich vor der Tür gesessen

Ehgartner: War die Empfehlung zur Pneumokokken-Impfung auch ein No-Brainer, so wie bei HPV?

Schmitt (lacht grimmig): Pneumokokken war kein No-Brainer, das war ein Brainer, sag ich Ihnen. Dafür haben wir sechs Jahre gebraucht. Das war vom Typ her eine neue Impfung. Und auch wenn sich die STIKO offiziell nicht um Kosten kümmert, weil das offiziell jetzt Sache des GBA (Anm: Gemeinsamer Bundesausschuss) ist, so ist das eine Impfung, die die Kosten für Kinderimpfungen verdoppelt hätte. Das hat die Empfehlung verzögert.

Ehgartner: Sechs Jahre nach der Zulassung der Pneumokokken-Impfung wurde Sie nun also von der STIKO empfohlen. Diese neuen Impfungen sind enorm teuer und nach der Gesetzesreform ist alles was die STIKO empfiehlt und der GBA zustimmt für die Kassen bindend.

Schmitt: Die Frage ist, können wir uns das leisten oder nicht. Und die Frage für die Firmen ist, kriegen wir unsere Milliarde wieder oder nicht – und was kriegen wir obendrauf. Und davon hängt es ab, ob wir neue Impfstoffe kriegen oder nicht.

Ehgartner: Welche Rolle spielte für die STIKO der ökonomische Effekt. Dass eine Impfung im Vergleich zu ihrem Nutzen auch nicht zu teuer sein darf?

Schmitt: Wir haben keinen einzigen Professor für Pharmakoökonomie in der STIKO. Für Preisgestaltung, da haben wir wenig Expertise. Das ist Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschuss. Wir konnten die Preise nicht zur Bedingung machen für oder gegen eine Empfehlung, weil das nicht unser Auftrag war. Der umfasste nur die Prüfung von Nutzen und Risiken. Bei HPV ist das ein No-Brainer.

Ehgartner: Ist das für Sie ein Problem, dass die Kassen gezwungen sind, die enormen Preise zu bezahlen, die die Hersteller verlangen?

Schmitt: Da rennen Sie bei mir offene Türen ein. Das ist ein Systemfehler in Deutschland. Wir haben 700.000 Kinder pro Jahr, die brauchen vier Dosen Sechsfachimpfstoff. Warum zahlen wir Weltmarktpreise, statt uns hinzusetzen und zu sagen: wir wollen einen guten Preis für soundsoviele Dosen. Das System zu verbessern ist aber nicht unser Auftrag.
Wir gucken aber schon auf die Kosten, also Phantasiepreise können wir auch nicht bezahlen.
Hepatitis B beispielsweise, hätte ich lieber gesehen, dass wir die ganze Bevölkerung impfen. Aber 85 Millionen mal drei Dosen mal 50 Euro ist nicht machbar, drum haben wir das nicht empfohlen. Da haben wir schon Rücksicht genommen.

Ehgartner: Sie haben in den letzten Jahren fast alle neuen Impfungen empfohlen und in den allgemeinen Impfplan aufgenommen. Warum haben Sie gerade bei der Rotavirus-Impfung für Babys eine Ausnahme gemacht? In Österreich wird das beispielsweise empfohlen und auch bezahlt.

Schmitt (lacht): Ich bin völlig dafür, dass die Rotavirenimpfung empfohlen wird. Wir können nicht die Kinder in die Kinderkrippen schicken, wie es jetzt politisch vorgesehen ist, und dann nicht gegen Rotaviren impfen. Wir schicken sie sozusagen dahin, wo sie sich die Krankheit holen. Das ist nicht gesetzeskonform. Warum es nicht empfohlen ist, kann ich nicht sagen, weil das vertraulich ist. Ich war dafür, die Mehrheit dagegen.
Die Pneumokokkenimpfung hat sechs Jahre gebraucht, bis man sie empfohlen hat, ich hoffe dass das auch bald mit den Rotaviren so ist.

Ehgartner: In Mainz gibt es eine Stiftung für Präventive Pädiatrie, der Sie und STIKO-Kollege Fred Zepp in führenden Positionen angehören. Im Rahmen dieser Stiftung betreiben Sie Impfstoff-Forschung. Gleichzeitig wird diese von Impfstoffherstellern finanziert. Kein Interessenskonflikt?

Schmitt: Die Stifung wird von verschiedenen Quellen gespeist. Da sind öffentliche Gelder drin und auch Industriegelder. In Mainz gibt es eine GmbH, die gehört der Universität und dieser Stiftung. Die GmbH macht einen Vertrag mit mir. So dass man nicht sagen kann, die Industrie bestimmt hier wo es lang geht.

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Ex-STIKO-Chef Schmitt: "Da braucht man kein Gehirn"
Interview mit Heinz-Josef Schmitt, dem langjährigen Vorsitzenden der STIKO (Ständige Impfkommission am Robert Koch Institut), der im September 2007 zum Impfstoffhersteller Novartis Behring gewechselt ist.
Das Interview wurde am 11. Oktober 2007 geführt, kurz nach dem Abgang Schmitts als STIKO Chef. Teile des Interviews, sind in meinem eben erschienenen Buch „Lob der Krankheit“ verwendet.
http://www.ehgartners.info

Hier Teil eins einer ausführlicheren Version des Interviews.

Heinz-Josef Schmitt, Langzeit-Vorsitzender der STIKO
Foto: Süddeutsche (oh)

Ehgartner: Warum haben Sie die Universität Mainz und auch die STIKO verlassen und sind in die Industrie gewechselt?

Heinz-Josef Schmitt: In Deutschland kriegen Sie einfach keine Gelder für Infektionsepidemiologie. Sie kriegen einfach nichts von öffentlicher Seite.
Ich habe nun kurzfristig vor acht Wochen dieses Angebot bekommen und ich habe zugeschlagen weil ich jetzt die Forschung machen kann, die ich als deutscher Hochschullehrer nicht machen konnte. Ich will meinen Weggang zu Novartis Vaccines nicht instrumentalisieren, sondern Wissenschaft machen. Und das kann ich hier nun. An deutschen Universitäten sind bestimmte Sachen einfach nicht möglich, Wissenschaft wird im universitären Umfeld zunehmend schwierig. Sie geht in der Routine unter und sie können gar nicht mehr arbeiten. Ich bin jetzt glücklich mit dem was ich mache, weil ich jetzt wieder wirklich Wissenschaft mache und mich nicht um solche Dinge kümmern muss, ob mein Computer funktioniert oder ähnliche Nebensächlichkeiten.

Ehgartner: Ihr erster Job war die Durchführung einer Grippe Studie in der Saison 2007/2008 an Babys und Kleinkindern mit dem Novartis Impfstoff Fluad, der bislang nur für ältere Personen zugelassen war. Was war der Zweck dieser Studie?

Schmitt: Diese Studie habe ich zuvor bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingereicht – und sie wurde nicht mal angenommen, sondern wurde zurückgeschickt. Es hieß, so was fördern wir nicht. Was soll man da machen? Wir brauchen diese Daten in Deutschland, denn wir müssen die Bevölkerung vor Influenza schützen. Und wir müssen wissen, wie man das am besten macht.
Der Grippeimpfstoff Fluad ist schon länger in Gebrauch, aber zum ersten Mal wird er nun in Deutschland im frühen Kindesalter eingesetzt. Ab 6 Monaten. Wir wollen die Fragen zur Häufigkeit von Influenza in deutschen Haushalten beantworten: Wie häufig sind bestimmte Infektionskrankheiten in Deutschland und wie werden sie übertragen.

Ehgartner: Wie ist die Studie aufgebaut?

Schmitt: Wir planten die Studie mit 4000 Haushalten und wollen sehen, wie häufig die Influenza da ist und ob man mit der Impfung der Kinder auch das Umfeld schützen kann. Das hat große Bedeutung im Fall der Pandemie. Der Influenza Impfstoff ist in dieser jungen Altersgruppe noch nicht zugelassen. Das Problem ist die Immunität. Gerade bei denen, die ihn am dringendsten brauchen, den Alten und den ganz Jungen ist die Immunität nicht besonders gut. Der Trick ist, dass wir ein Adjuvans dazugeben, dass die Immunität verbessert. Novartis hat das Adjuvans MF59. Das ist schon 20 Millionen Dosen Mal gegeben worden, das ist ne super neue Sache. Die Immunität ist besser, auch im frühen Kindesalter. Wir wollen nun zeigen, dass auch die Wirksamkeit besser ist.

Ehgartner: Handelt es sich um eine Placebo kontrollierte Studie?

Schmitt: Ja, allerdings geben wir kein Wasser, sondern andere Impfstoffe, so dass die Teilnehmer der Studie auf jeden Fall einen Vorteil haben. Die Kinder kriegen im Zufallsprinzip entweder die Grippeimpfung, die FSME-Impfung oder die Impfung gegen Meningokokken C, also auf jeden Fall einen Schutz gegen etwas, das sie sonst nicht bekämen. Es ist jedoch verblindet, so dass man nicht weiß, wer in welcher Gruppe ist.

Ehgartner: Warum geben Sie kein neutrales Placebo?

Schmitt: Das würde ja bedeuten wir müssten Wasser spritzen oder eine Salzlösung. Das wäre unethisch. Das würde keine Ethikkommission der Welt mehr durchgehen lassen, dass man Kindern Kochsalz spritzt. Man kann ja einem Kind nicht zum Spass Schmerz zufügen. Es muss einen Vorteil davon haben, dass man ihm Schmerz zufügt.

Ehgartner: Sie haben schon zu Ihren aktiven Zeiten in der STIKO häufig Studien für die Industrie gemacht. Sahen Sie das nicht als Interessenskonflikt, wo sie doch zum einen finanzielle Zuwendungen erhalten haben und zum anderen einem objektiven – vom Gesundheitsministerium eingesetzten – Beratungsgremium vorstanden?

Schmitt: Die Zusammenarbeit mit der Industrie ist ja auch politisch gewollt.
Vorher habe ich das punktuell gemacht. Beispielsweise bei der Pneumokokken-Impfung. Der Nachteil dabei ist: Bei den STIKO-Beratungen zum Thema und bei der Abstimmung habe ich vor der Tür gesessen. Wenn man eine Studie zum Thema macht, kann man nicht mit beraten. Das finde ich völlig okay. So wurde das bei der STIKO gehandhabt.
Da ich jetzt aber in größerem Umfang mit der Industrie zusammen arbeite kann ich auch nicht mehr Mitglied der STIKO sein.

Ehgartner: Sie haben dieses Jahr einen Preis von 10.000 Euro für Ihre Aktivitäten „zur Förderung des Impfgedankens“ angenommen. Der Preis wurde vom Hersteller der HPV-Impfung Sanofi-Pasteur MSD gestiftet. Kurz darauf hat die STIKO, deren Vorsitzender Sie bis vor kurzem waren, die Impfung empfohlen. Ist das nicht eine recht schiefe Optik?

Schmitt: Ich habe den Preis nicht vom Hersteller bekommen, sondern von der deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Die vorangegangenen Preisträger waren vom Berufsverband der Kinderärzte oder vom Robert Koch Institut.

Ehgartner: Sie verstehen die Kritik also nicht?

Schmitt: Wenn man in entscheidenden Positionen sitzt, muss man damit rechnen, dass irgendwelche Leute Unfug verbreiten. Die Frage ist, wem das nutzt. Ich verstehe ja, dass die Gynäkologen befürchten, dass ihnen in Folge der HPV-Impfung das Screening wegfällt und dass sie da weniger Geld verdienen. Da ist es natürlich klar, dass interessierte Kreise gegen das Impfen eine Gegenoffensive starten.
Aber es kann sich jeder selbst überlegen, ob er HPV-Infektionen ertragen oder sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent davor schützen möchte. Meine 13-jährige Tochter habe ich natürlich geimpft. Das ist gar keine Frage. Doch es wird ja niemand dazu gezwungen, das zu tun.

Ehgartner: Sehen Sie den Vorteil der HPV Impfung so eindeutig, dass die STIKO hier so kurz nach der Zulassung schon eine Empfehlung aussprechen musste?

Schmitt: Die Empfehlung für die Impfung, würde man es im Englischen formulieren, das ist ein No-Brainer. Da braucht man kein Gehirn dafür. Wenn sie die Daten sehen und effektiv bewerten, dann kommen sie zu dem Ergebnis, dass man das empfehlen muss. Deshalb haben wir das auch so rasch empfohlen.

Ehgartner: Was sagen Sie zu dem Vorwurf, Sie seien, etwa durch die Annahme des Preisgeldes von Sanofi Pasteur MSD bestochen worden?

Schmitt: Wenn hier jemand bestochen worden ist, dann die deutsche Gesellschaft für Kinder und Jugendheilkunde. Dass es Geld für den Preis gab, hab ich erst hinterher erfahren. Wenn ich gewusst hätte, was das für Folgen hat, hätte ich das Preisgeld abgelehnt. Zu dem Zeitpunkt hab ich nicht mal im Traum daran gedacht, dass ich das ablehnen sollte.

Ehgartner: Sie verstehen die Kritik also nicht, die hier – etwa in der Süddeutschen Zeitung - geäußert wurde?

Schmitt: Die Frage ist nur, welchen Interessen nutzen die mit solchen Artikeln? Sicher den Gynäkologen, die lieber den Krebs behandeln als ihn zu verhindern. Das kann ich verstehen, dass es Gruppen gibt, die gegen die Impfung sind, weil sie Eigeninteressen haben. Aber dass sich die SZ da vor den Karren spannen lässt, ist mir ein Rätsel.
Das i-Tüpfelchen war dann die Mitteilung, dass das alles nur zustande gekommen ist, weil der Schmitt bestochen war. Das kostet mich ein Achselzucken.

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Mittwoch, 16. April 2008
Von bösen Viren und deren Ausrottung
"Der einzige, der was von einer Krankheit hat, ist der Erreger. Alle anderen leiden nur darunter", entgegnete mir Berthold in einer Diskussion, wo ich das Lob der Krankheit angestimmt hatte.

Ich entgegnete ihm folgendes:

Es ist eine Tatsache, dass die Evolution des Menschen im ständigen Kontakt und Austausch mit der mikrobiellen Umwelt erfolgte.

Bakterienteile wurden "eingebürgert" und stellen heute die Energiekraftwerke der Zellen dar, haben aber sogar ihr eigenes Erbgut und ihren unabhängig ablaufenden Fortpflanzungsrhythmus innerhalb der Zellen beibehalten (Mitochondrien).

Ohne die ständige Konfrontation mit Viren als Motor und Beschleuniger für Mutationen gäbe es wahrscheinlich die ganze Menschheit nicht.
Zudem spielte die Eingliederung von Viren eine Rolle beim Entstehen der Zellkerne.

Abgesehen von diesen Basics aus der fernen Vergangenheit wird bei jedem einzelnen Menschen, wie auch den meisten Säugetieren der Kontakt mit Bakterien als unbedingtes Signal benötigt, um bestimmte Funktionen des Immunsystems zu starten. Beispielsweise benötigt es bestimmte Mykobakterien, um die Th1-Reaktion zu aktivieren.

Virale kindliche Infekte haben unmittelbare Einflüsse auf die Regelkreise der Immunreaktion, helfen das Gleichgewicht der Reaktionen zu festigen und schulen die Unterscheidungsfähigkeit zwischen fremden und eigenen Proteinen. Die enorme Bedeutung der regulatorischen T-Zellen für ein stabiles System wurde in diesem Zusammenhang erst kürzlich bekannt. Ebenso der positive Einfluss der Keimkontakte und Infekte auf die T-regs.

Sicherlich haben Keime auch ein Eigeninteresse, sprich einen eigenen Lebenszyklus. Wenn sie diesen nicht hätten, gäbe es sie ja nicht.
Daraus aber abzuleiten, dass sie interaktions- und bedeutungslos als reine Schädlinge und Parasiten fungieren und ohne irgendwelche Folgen ausgerottet werden könnten, zeigt von einem recht engen Horizont.

Warum eigentlich bei den Keimen aufhören?

Warum nicht die Ratten ausrotten? Stellen die etwa kein Risiko dar? Sollten wir uns nicht zumindest für die Sauerei mit der Pest rächen?

Und was ist mit den Bienen und Wespen? Gibt es nicht genügend Kinder und auch Erwachsene, die mit lebensgefährlichen allergischen Schocks auf Stiche reagieren?
Tun Dir diese Menschen nicht leid?
Also weg mit den Biestern! Das werden wir ja wohl gentechnisch irgendwie schaffen, dass wir ein Wespen- und Bienengift versprühen, das die lieben Marienkäfer verschont!

Also nicht so kleinkariert! Wenn man erst mal den Hochstand der Ausrottung besteigt, eröffnet sich ein ungeheure Menge an möglichen Abschusszielen:

Die Bösen schießen wir ins Kröpfchen, an die Guten kuscheln wir uns ganz fest an.

Entzückend, Baby!

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Mittwoch, 9. April 2008
Zur Haltung der Impfkritik bei Masern
Die Situation für die Salzburger Waldorfschule, deren Eltern, Lehrer und auch den Schularzt war in den letzten Wochen extrem schwierig.
Wie zu erwarten ist in der österr. Öffentlichkeit eine regelrechte Hysterie ausgebrochen, als wäre Cholera oder Pest zurückgekehrt. Das liegt vor allem daran, dass hier – anders als in Deutschland oder der Schweiz - seit 14 Jahren keine nennenswerten Masernfälle mehr aufgetreten sind und die Medien sich deshalb umso mehr auf dieses Thema gestürzt haben.

Ich habe hier meinen Standpunkt zur Masern-Impfung dargestellt und bin dafür - wie auch für den aktuellen profil-Artikel
http://www.ehgartners.info/ausgabe_artikel.php?nr=2
heftig attackiert worden. Meine impfkritische Einstellung sei damit, so der Tenor mancher Aussagen, völlig unglaubwürdig. Einige nette Leserbriefschreiber vermuten gar, dass ich bestochen, oder sonst wie "von der Pharmamafia" massiv unter Druck gesetzt wurde.

Es ist mir jedoch tatsächlich ein Anliegen, dass Masern eliminiert wird.
Und das sind zusammengefasst nochmal meine wesentlichen Gründe:

1) Masern sind seit der Einführung der Massenimpfungen zu einer anderen Krankheit geworden, die zwar weniger Personen betrifft, diese jedoch ungleich stärker gefährdet, weil die Masern nunmehr nicht mehr im weitgehend komplikationsfreien Vorschul- und Volksschulalter auftritt, sondern beträchtlich davor oder danach.
Masern sind - speziell im ersten Lebensjahr und im Erwachsenenalter eine schwere - manchmal sogar lebensgefährliche Erkrankung. Besonders gilt dies für Entwicklungsländer, wo die Infektion auf körperlich geschwächte Kinder trifft.

2) Es wäre völlig realitätsfremd, anzunehmen, dass Wissenschaft oder Gesundheitspolitik bei diesem Thema jemals die Richtung wechselt. Es wird keine Welt "vor den Massen-Impfprogrammen" mehr geben, weil es sich bei diesem Programm um eine Einbahnstraße handelte, wo eine Umkehr erst recht in eine Katastrophe führen würde.
Denn wenn nun - angenommen durch eine technische Panne oder durch Konkurs der Hersteller - für mehrere Jahre die Impfstoff-Produktion einbrechen würde, dann hätten wir ein wirkliches Problem mit den in der Folge massenhaft wieder auftretenden Masernfällen - und dem infolge der Impfungen veränderten Risikoprofil mit den schlechter geschützten Babys im ersten Lebensjahr - und der schweren Erkrankung von Erwachsenen, die sich nun plötzlich mit 30, 40 oder 50 Jahren plötzlich als "Impfversager" entpuppen.

3) Die Menschen nehmen Masern als eine schwere Bedrohung für ihre Kinder wahr und jegliche bis dahin vorhandenen impfkritischen Ansätze werden reumütig verworfen. Die Impfexperten verwenden diese bewusst auch mit-geschürte Hysterie und aggressive Stimmung, um gegen "Widerstandsnester" und Impfkritiker mobil zu machen und nebenher auch gleich ihr Lobbying für die vielen neuen Impfungen zu betreiben.
In so einer Situation für die unbestritten manchmal auch vorhandenen Vorteile einer Masernkrankheit zu argumentieren ist bei einer derart verfahrenen Situation in der Öffentlichkeit nicht machbar.
Wenn schon, dann kommen solche Argumente sogar von den Impfexperten selbst. Ingomar Mutz, der Vorsitzende der österr. Impfkommission meinte z.B., dass aus EGOISTISCHEN Gründen eine Masernparty schon Vorteile haben kann. Weil eben eine 3 jährige die Masern besser übersteht als eine 30-jährige und damit auch in einer späteren Schwangerschaft von ihr doppelt so hohe Antikörper Titer und damit ein besserer Nestschutz an ihr Baby weitergegeben wird. Aber dem, so Mutz, stünde das enorme Risiko gegenüber, dass diese 3-jährige als wandelnde Virenschleuder wiederum ungeschützte Babys im zweiten Lebenshalbjahr ansteckt, dazu immungeschwächte und ungeschützte Erwachsene - was für diese eine massive Lebensgefahr darstellt.
Hier also der individuell etwas bessere und länger anhaltende Virenschutz - dort das massive Risiko für die Gesellschaft.

4) Die Masern-Mumps-Röteln Impfung ist von ihrer Zusammensetzung recht unproblematisch. Sie enthält außer 25 µg Neomycin keine Konservierungsmittel und auch keine Aluminium-haltigen Adjuvantien, sondern abgeschwächte lebende Viren, die selbst noch in der Lage sind, dem Immunsystem eine "Lernerfahrung" zu bieten - und damit die Ausreifung der Immunkompetenz zu fördern.
Peter Aaby zeigte bei Studien in Westafrika, dass Kinder mit natürlich durchgemachter Masern ODER Masernimpfung einen deutlichen Überlebensvorteil gegenüber Kindern hatten, die bislang noch nie mit Masernviren in Kontakt gekommen waren.
Von ihrer Wirkung auf das Immunsystem unterscheidet sich die MMR diametral von z.B. der DTP-Impfung.

5) Das Argument, Masernviren seien von der Natur vorgesehen und erfüllen deshalb eine unersetzliche Aufgabe im Entwicklungsplan des Menschen, hält insofern nicht, als Masern auf ganzen Kontinenten unbekannt waren und auch in unseren Regionen auf Inseln (z.B. Island) immer wieder für viele Jahrzehnte verschwanden, bis sie dann wieder von Reisenden bzw. Welteroberern (am Beispiel der Amerikas) eingeschleppt wurden und verheerende Epidemien ausbrachen.

6) Eine impfkritische Position wird in der Öffentlichkeit durch das Beharren auf der „natürlich durchgemachten Masern“ entscheidend geschwächt. Und es trägt dazu bei, dass viele wesentlich wichtigere Anliegen im Sinne einer strukturellen und wissenschaftlichen Reform des teils gemeingefährlichen und auf einem katastrophalen Niveaus dahintümpelnden Impfwesens überhaupt nicht ernst genommen werden. Es gibt hier eine ganze Menge zu tun und es ärgert mich enorm, wenn jeder Dummkopf bloß die Masernkarte auszuspielen braucht und er hat allein damit bereits einen unschlagbaren Trumpf – zumindest was die Sympathie der Öffentlichkeit betrifft.
Wer weiterhin an einer negativen Haltung zur MMR festhält und damit risikiert, dass sich auch in den nächsten Jahren die Ausbrüche rund um Waldorf-Schulen und sonstige impfkritische „Widerstandsnester“ konzentrieren, sollte sich dieser negativen Konsequenzen bewusst sein.

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