Donnerstag, 31. Januar 2008
Interview mit Dr. Hartmann zur HPV-Impfung
In der morgigen Ausgabe der österr. Tageszeitung "Der Standard" erscheint ein Artikel von mir zu den mit der HPV-Impfung assoziierten Todesfällen in Deutschland und Österreich.
http://derstandard.at/?url=/?id=3206550
Ich habe dazu ein Interview mit dem Mediziner Klaus Hartmann geführt, der jahrelang für das Paul Ehrlich Institut tätig war und nun als gerichtlicher Gutachter für mögliche Impfschadensfälle arbeitet.

Dr. Klaus Hartmann
<br />
www.impfstoffsicherheit.de


Hier das Interview:

Standard: Bei den Zulassungsstudien zur HPV-Impfung wurden relativ wenige Nebenwirkungen gefunden. Es gab kaum Unterschiede zur Placebogruppe.

Hartmann: Das lag aber vor allem an der Wahl des Placebos. Es wurde hier nämlich keine neutrale Wasserlösung verwendet, sondern ein Gemisch sämtlicher Inhaltsstoffe der Impfung, bloß ohne die HPV-Antigene. Das Placebo enthielt also unter anderem die erwiesen problematischen Aluminiumsalze.

Standard: Was war die Folge?

Hartmann: Die HPV Impfung wurde gegen ein Medikament getestet, das die gleichen Nebenwirkungen machen kann. Das ist ein ganz bedenkliches Vorgehen und es ist mir ein Rätsel, warum das die Ethikkommissionen genehmigt haben. Die Aluminium haltigen Adjuvantien sind in letzter Zeit gewaltig in die Diskussion gekommen. Bislang wurde nur retrospektiv ihre Sicherheit abgeleitet, weil ja Millionen von Dosen verimpft wurden und hier ja eigentlich nichts passiert sei. Das stimmt so nicht. Man weiß, dass diese Hilfsstoffe bei bestimmten Menschen, die hier empfänglich sind, Autoimmunreaktionen auslösen. Das wurde auch im Tierversuch bestätigt. Sie können zudem das Nervensystem schädigen, weil Aluminiumhydroxid auch neurotoxisches Potenzial hat. Man weiß derzeit nicht wen es trifft.

Standard: In welchem Zeitraum nach der Impfung passiert das?

Hartmann: Das kann bis zu fünf Wochen nach der Impfung auftreten. Es handelt sich um zwei Mechanismen: Zum einen können Aluminiumsalze Autoimmunreaktionen triggern, zum zweiten gibt es den direkten schädigenden Effekt auf Nervenzellen. Das erfassen Sie nicht, wenn sie nur Vorfälle binnen zwei Wochen berücksichtigen. Dieser toxische Effekt wurde kürzlich auch an humanen Zellen nachgewiesen, auch in Dosen, wie wir sie in Impfstoffen verabreichen.

Standard: Warum sind diese Substanzen nicht längst ersetzt worden?

Hartmann: Dass Aluminium raus muss, wissen die Hersteller und es sind auch alle heftig am arbeiten. Das wird sich nicht mehr lange halten können, so wie ja auch das Quecksilber haltige Konservierungsmittel in Kinderimpfstoffen als neurotoxische Substanz in die Diskussion kam und ersetzt wurde.

Standard: Sollten durch die Wahl dieses Placebos Nebenwirkungen der HPV-Impfung verschleiert werden?

Hartmann: Auf alle Fälle. Wenn sie auch in der Kontrollgruppe diese seltenen Autoimmunreaktionen haben, so haben sie das nivelliert und es fällt niemandem mehr auf.

Standard: Bei den behördlichen Meldestellen für Nebenwirkungen heißt es, dass zur HPV-Impfung keine auffälligen Häufungen vorliegen.

Hartmann: Das ist eine reine Beruhigungsmaßnahme. Wenn ein Impfstoff zugelassen ist, sind diese spontanen Rückmeldungen die einzige Kontrolle. Hier werden aber – wenn überhaupt – meist nur Sofortreaktionen gemeldet. Man weiß um die Schwächen des Erfassungssystems, will das aber gar nicht verbessern. Das ist eine echte Verschleierungstaktik. Behörden und Hersteller sind sich hier einig und man gibt auch kein Geld aus. Wirkliche langfristige Sicherheitsdaten gibt es gar nicht. Solange das nicht hinterfragt wird und auf den Prüfstand kommt, wird das Problem weiter existieren. Es wird dann weiter voller Gewissheit gesagt werden, es gibt keine Probleme, wobei wir das gar nicht wissen können bei den derzeitigen Möglichkeiten.

Standard: Die beiden Todesfälle in Deutschland und Österreich haben nun aber Aufsehen erregt.

Hartmann: So etwas kann man nicht einfach überspringen. Mit großem Aufwand versucht man nun, die Impfung davon freizusprechen. Auf der anderen Seite wird niemand damit beauftragt, einen möglichen Zusammenhang zur Impfung ernsthaft zu prüfen. Da gibt es eine unglaubliche Verzerrung. Vernünftige Forschung zu diesem Thema findet überhaupt keine Unterstützung.

Standard: Sie haben sich auch über die österreichischen Fälle informiert. Gibt es hier einen Zusammenhang zur HPV-Impfung?

Hartmann: Die verstorbene junge Frau hatte bereits vor ihrem plötzlichen Tod Probleme. Sie hat eine auffällige Lichtscheu entwickelt, hatte Kopfschmerzen und eine länger andauernde Darmsymptomatik. Das sind ganz typische Anzeichen für eine ADEM (Anm: Akute disseminierte Enzephalomyelitis). Wenn man bei einer Obduktion nicht ganz explizit danach sucht, so finden sie das nicht mehr. Ein ADEM Herd ist ja kein Tumor oder eine Gewebeveränderung, die sich auch nach Tagen noch nachweisen lässt. Das ist ein flüchtiges entzündliches Geschehen. Wenn das im Atemzentrum entsteht, können sie durch einen ADEM-Herd einen Atemstillstand kriegen. Und sie finden die Ursache nicht mehr, wenn das erst Tage oder Wochen danach untersucht wird.

Standard: Es kam das Argument, dass die Studentin bei ADEM vorher schon massivere Probleme gehabt haben müsste, dass sie in diesem Fall nicht mehr hätte fortgehen können.

Hartmann: Nein, das ist Unsinn. Es kommt immer darauf an, wo die Nervenschädigung einsetzt. Es gibt mannigfache Symptome. Die Patienten können plötzlich Psychosen entwickeln, verhaltensauffällig werden. Es gibt kein einheitliches Bild. Jede Art von neurologischer cerebraler Auffälligkeit kann im Prinzip durch ein ADEM ausgelöst werden. In den meisten Fällen wird das gar nicht als ADEM erkannt und zum Glück ist es ja dann auch so, dass es in den meisten Fällen reversibel erfolgt. Lebensbedrohlich ist es nur selten und dann kann es eben leider so ausgehen, wie bei der jungen österreichischen Frau.

Standard: Hatten Sie bei Ihren begutachteten Fällen ADEM?

Hartmann: Das ist bei Impfschadensfällen in meiner Gutachter-Praxis eine der häufigsten Diagnosen. Es ist eines der größten Probleme bei inaktivierten Impfstoffen.

Standard: Wieviele Gutachten machen Sie pro Jahr?

Hartmann: Ich habe etwa 60 bis 70 pro Jahr, die von Sozialgerichten in Auftrag gegeben werden.

Standard: Wie hoch ist denn eigentlich die Dunkelziffer bei unerwünschten Wirkungen von Impfstoffen in passiven Meldesystemen wie Deutschland oder Österreich?

Hartmann: Eine deutsche Studie untersuchte das für Arzneimittel-Nebenwirkungen und kam auf eine Melderate von fünf bis zehn Prozent. Bei Impfungen wird das wohl noch etwas schlechter aussehen, weil Ärzte über Nebenwirkungen bei Impfungen kaum informiert sind und auch die psychologische Hemmschwelle zu melden höher ist. Bei Lipidsenkern oder Antibiotika ist das viel selbstverständlicher, da ist schon eine gewisse Skepsis da. Bei Impfungen wenden sich die Ärzte an ihre Pharmareferenten und dort wird meist schon im Vorfeld abgewiegelt.

Standard: Sollte nicht unmittelbar bei den Behörden gemeldet werden?

Hartmann: Die gesetzliche Meldepflicht ist schon seit 2001 verankert. Das kam bei den Ärzten aber kaum an. Es wird auch keine Aufklärung betrieben.

Standard: In Österreich hieß es dazu von Impfexperten, dass eine Nebenwirkung drei Wochen nach der Impfung praktisch auszuschließen sei.

Hartmann: Auch vom langjährigen STIKO (Anm: Ständige Impfkommission am Robert Koch Institut) Vorsitzenden Heinz-Joseph Schmitt kamen häufig solche Aussagen. Das ist wissenschaftlich vollkommener Unsinn. So wie die österreichischen Stellungnahmen, dass Nebenwirkungen entweder gleich oder gar nicht auftreten. Das ist absoluter Quatsch.

Standard: Woher kommen die Impfexperten dann zu ihrer Expertise?

Hartmann: Die Bezeichung „Impfexperte“ ist ja nicht geschützt. Als solches kann sich jeder bezeichnen. Zudem stehen diese Impfexperten zu 100 Prozent auf irgendeiner Industrie-Gehaltsliste. Entweder direkt oder über Drittmittelforschung in universitären Instituten. Das sind alles Leute, die dafür bezahlt werden, dass sie das sagen. Unser STIKO-Vorsitzender Schmitt ist ja kürzlich offiziell in die Industrie zum Imfpstoffhersteller Novartis-Behring gewechselt. Und dort erzählt er wohl noch immer dieselben Geschichten.



Der Wiesbadener Mediziner Klaus Hartmann, 47, war zehn Jahre lang beim deutschen Paul Ehrlich Institut für die wissenschaftliche Bewertung unerwünschter Wirkungen von Impfstoffen zuständig. Heute ist er einer der meist beschäftigten gerichtlichen Gutachter zur Feststellung möglicher Impfschäden.

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Dienstag, 29. Januar 2008
Pap-Abstrich: Zeit für intelligentes Handeln
Der Pap-Abstrich gilt als Vorzeige-Modell einer sinnvollen Maßnahme zur Reduktion der Krebs-Sterblichkeit. Nur bei Magenkrebs gingen die Sterbezahlen in den letzten 30 Jahren ähnlich dramatisch zurück wie beim Zervix-Karzinom.

Dennoch gilt der Pap-Abstrich als ziemlich unzuverlässig. Führt häufig zu Krebs-Fehlalarm und unnötigen Eingriffen.
Zell-Veränderungen am Gebärmutterhals haben nämlich eine hohe Neigung zur Spontanheilung und es ist bei weitem nicht nötig, hier sofort chirurgisch einzugreifen.

Ein drastisches Beispiel dazu gab der Fall einer österreichischen Arzthelferin, der vor einigen Jahren Schlagzeilen machte: Die Frau brachte es nicht übers Herz den Patientinnen einen positiven Krebs-Befund auszuhändigen. Wenn also vom Labor nach Pap-Abstrich eine schlechte Nachricht kam, so ließ sie den Befund einfach in einer Schublade verschwinden.

Erst nach vielen Jahren flog die Arzthelferin auf und es wurde Strafanzeige erstattet.

Das erstaunliche war jedoch, dass kaum eine Patientin durch das kriminelle Vorgehen der Arzthelferin Schaden erlitten hatte. Sogar Krebsbefunde hatten sich - bei nochmaliger Einberufung der Patientinnen - in Luft aufgelöst.
Soweit ich mich erinnere, war nur bei einer einzigen Patientin ein (unkomplizierter) Eingriff nötig, alle anderen waren in der Zwischenzeit ausgeheilt und hatten sich eine Menge Mühsal, Todesangst und sonstige schwere Nebenwirkungen einer Krebstherapie erspart.

Indizien wie dieser deuten also darauf hin, dass die Gefahr einer Überdiagnose beim Pap-Abstrich groß ist.
Das letzte, was es allerdings braucht, ist eine Vorsorgeuntersuchung, von der selbst ein Risiko ausgeht.
Deshalb wäre es höchste Zeit für die Einführung einer möglichst intelligenten Strategie zur Früherkennung von Karzinom-Vorstufen.
Wenn Finnland, Schweden oder Großbritannien es beim Pap-Abstrich zustande bringen, mit einem Untersuchungsintervall von 3 bis 5 Jahren (!!!) eine nur etwa halb so hohe Krebs-Sterblichkeit zu erreichen, wie Deutschland oder Österreich, so sieht man ja, dass die Vielzahl der Abstriche und Operationen wohl nicht den Stein der Weisen darstellen.

Ich halte die Absicht der österr. BM Andrea Kdolsky, deshalb für löblich, hier mal den Status Quo zu analysieren und dann dem Beispiel der nördlichen Länder zu folgen.

Denn derzeit wird eine gesundheitsbewusste Minderheit von Frauen, die jährlich oder sogar halbjährlich zum Pap-Abstrich geht, der Gefahr der Überdiagnose mit völlig unnötigen Eingriffen ausgesetzt.

Jene Frauen aber, die ein wirklich erhöhtes Zervix-Karzinom-Risiko haben (Migrantinnen, Raucherinnen, niedrige Sozialschicht, häufig wechselnde Geschlechtspartner, Ältere) gehen meist gar nicht zum Pap-Abstrich und können sich auch keine Impfung leisten.

Es ist natürlich nicht damit getan, bloß die Untersuchungs-Intervalle zu vergrößern. In den nördlichen Ländern wurde intensiv in die Schulung der Fachkräfte bei der Abstrich-Abnahme investiert, ebenso in die Modernisierung der Labors sowie in eine bessere Interpretation der Befunde.

In Finnland, dem Land mit der niedrigsten Zervix-Karzinom-Rate werden die Abstriche übrigens meist von Krankenschwestern entnommen und nicht von Gynäkologen. Also von Nichtärzten - was Geld spart und scheinbar gleichzeitig die Qualität erhöht.

Man stelle sich den Aufschrei der Ärztekammer- und Gynäkologen-Vertreter vor, wenn so etwas bei uns diskutiert würde.

Von einem Aufschrei zur jetzigen beschämenden Qualität des Pap-Screenings las ich bisher von Seiten der Zunft-Sprecher hingegen nur wenig.

Denn es bringt ja in etwa dasselbe Geld, ob ich nun ein Drittel der Frauen öfters untersuche, oder alle Frauen bloß noch im Abstand von drei bis fünf Jahren.

Und wenn bloß Honorar und Trägheit das Gesetz des Handelns bestimmen, so werden lieber jene daueruntersucht, die von selber brav in die Ordination kommen.

So lange, bis das Screening (auf Grund falsch positiver Befunde) für diese Frauen ein größeres Gesundheitsrisiko darstellt als der Krebs.

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Montag, 28. Januar 2008
später impfen - weniger Asthma?
In einem Fachjournal für Allergie und Klinische Immunologie erscheint nun eine kanadische Arbeit, in der bei 11.500 Kindern geprüft wurde, ob es für das Asthmarisiko bei den Kindern einen Unterschied macht, ob diese früh oder spät geimpft werden.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18207561?ordinalpos=1&itool=EntrezSystem2.PEntrez.Pubmed.Pubmed_ResultsPanel.Pubmed_RVDocSum

Das Ergebnis:

Allein die Verschiebung der ersten Diphtherie-Tetanus-Pertussis Impfung um zwei Monate nach hinten HALBIERTE das spätere Asthma Risiko.
Kinder, bei denen alle Teilimpfungen verspätet gegeben wurden, hatten ein um 61% reduziertes Asthmarisiko.

Ich halte diese Arbeit für sehr interessant. Sie gibt ärztlichen Kritikern (wie z.B. Martin Hirte) recht, die sich dafür einsetzen, die Babys später zu impfen, um die Entwicklung des Immunsystems nicht negativ zu beeinflussen.

Bislang sind die Impftermine weniger nach wissenschaftlichen Kriterien ausgewählt, sondern eher nach der Maxime: wann erwische ich die meisten Babys.
Wie diese Arbeit zeigt, kann derartiger Pragmatismus gefährlich sein.
Deshalb gehört die Frage nach dem idealen Impfzeitpunkt schnellstens über gute Studien geklärt.

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Samstag, 26. Januar 2008
Zur Epo-Problematik
Zu diesem Thema habe ich vor einigen Monaten ein Interview geführt. Derzeit ist die Diskussion ja bei den US-Behörden nahe dran, Epo-Präparate in der Krebstherapie gänzlich einzuschränken.

„Wir sind alle erschrocken“

Der Freiburger Radioonkologe Michael Henke machte die erste große Studie, die zeigte, dass EPO-Präparate zur Behandlung von Blutarmut bei Krebspatienten große Risiken bergen.


Ehgartner: Vor Ihrer Arbeit haben die meisten Kollegen nur nachgesehen, ob Epo-Produkte gegen Blutarmut helfen. Das taten sie zumeist. Wie sind sie denn auf die Idee gekommen, auch mal nachzuforschen, ob diese Patienten in der Folge dann auch länger leben?

Henke: Wir wussten zum einen, dass Patienten mit Blutarmut eine schlechtere Heilungsrate bei Tumoren haben. Zum zweiten wussten wir, dass in der Radiologie, wenn der Strahl wirken soll, genügend Sauerstoff im Gewebe sein muss. Dann haben wir eins und eins zusammengezählt und überlegt, dass wir mit der Gabe von Erythropoetin eine Verbesserung der Strahlenwirksamkeit am Krebsgewebe erreichen könnten. Wir sind sehr ehrgeizig angetreten, konnten auch die Industrie zur Finanzierung gewinnen, weil das für sie ein Wachstumsmarkt war, und wollten eine Studie machen, um das ein für alle mal zu beweisen. Und dann kam zum Entsetzen aller – vor allem der Industrie – genau das Gegenteil raus: Die Patienten der EPO-Gruppe hatten eine signifikant höhere Sterblichkeit und ein rascheres Tumorwachstum.

Ehgartner: Wie war die Reaktion des EPO-Herstellers Roche, der die Studie finanzierte?

Henke: Man war nicht glücklich.

Ehgartner: Man weiß von ähnlichen Fällen, dass es dann manchmal ganz schön Druck geben kann auf die Autoren, das Ergebnis gar nicht zu publizieren.

Henke: Ich war in der glücklichen Situation, dass ich nie in Versuchung geführt wurde. Dann kommt dazu, dass ich ein ziemlicher Holzkopf bin, der schon sehr an der Wahrheitsfindung in der Wissenschaft interessiert ist. Es war mir schon wichtig, dass dieses Ergebnis in der Fachwelt entsprechend diskutiert wird.

Ehgartner: Das war ja auch eine schöne Publikation für Sie in einem Topjournal, wie dem Lancet?

Henke: Ich hätte natürlich gerne das Gegenteil publiziert. Aber wir waren alle sehr erschrocken, auch ich. Dann haben wir überlegt, ob wir Fehler gemacht haben. Ich wollte es ja nicht glauben. Ich habe noch meine eigenen Patienten nachanalysiert. Und fand genau dasselbe Ergebnis. Und bestand darauf, dass das diskutiert wird, weil ja konkret Patienten gefährdet werden. Da fühle ich als Arzt schon Verantwortung: Man kann nicht ohne Erfolgsaussicht behandeln, schon gar nicht wenn das Risiko besteht, dass Patienten dann nicht profitieren, sondern sogar eher sterben könnten.

Ehgartner: Hat Ihnen diese Publikation karrieremäßig genützt?

Henke: Im Gegenteil. Das führte dazu, dass ich jetzt für die Industrie weniger interessant bin. Früher habe ich doch die eine oder andere Forschungs-Unterstützung mehr bekommen.

Ehgartner: Ihre Studie stand damals im Jahr 2003 ziemlich allein da. Wie waren die Reaktionen?

Henke: Ich bin als Exot apostrophiert worden. Was die Freiburger hier rausgefunden haben, wurde als Käse abgetan. Zum Glück war die Studie doch sehr sauber und man konnte sie nicht in Bausch und Bogen verdammen. Der Effekt von EPO war ganz eindeutig negativ. Ob man das jedoch auf alle Krebspatienten verallgemeinern kann, da wäre ich noch vorsichtig.

Ehgartner: Ihre Arbeit wurde von der Methodik aber heftig kritisiert.

Henke: Wir haben etwas publiziert, was dem damaligen Verständnis komplett widersprochen hat. Dass das kritisch diskutiert wurde fand ich gut. Es kann ja nicht sein, dass hier jemand einfach so einen Luftballon loslässt und das bleibt einfach stehen.

Ehgartner: Gabs auch Angriffe unter der Gürtellinie?

Henke: Ich habe mich schon geärgert, wenn uns schlechte Methodologie vorgeworfen wurde, oder dass wir die Patienten nicht ordentlich nach Studienprotokoll behandelt hätten. Denn das stimmte einfach nicht. So richtig unfaire Angriffe gabs keine. Ja, es gab Kopfschütteln. Und einige Kollegen haben mich in der Folge nicht mehr gegrüßt. Die gabs auch. Das hat mich verwundert. Wenn mich jemand nicht mehr grüßt, muss ich dem schon weh getan haben. Wie aber kann ich das? Da muss ich wohl an deren finanziellem Support gekratzt haben.

Ehgartner: In den USA war das kürzlich ein großes Thema, dass Ärzte oder Dialyse-Zentren hier regelrechte Provisionszahlungen von den EPO-Herstellern bekamen, je mehr und je höher dosiert ihre Produkte verabreicht wurden.

Henke: In den USA kauft der Doktor die Medikamente meist bei der Firma ein und verkauft das den Patienten weiter. Der fungiert dort auch als Apotheker. Vom EPO-Umsatz in den USA gehen 25% in die Tasche des Doktors. So läuft es aber in Europa nicht. Die Kollegen hier haben schon auch ein gewisses Sponsoring. Wenn sie beispielsweise zu Kongressen eingeladen werden oder Vorträge halten. Das ist auch in Ordnung, wenn der Leistung ein reelles Honorar gegenübersteht.

Ehgartner: In manchen großen Krankenanstalten wir EPO per Ausschreibung an eine der drei Anbieterfirmen vergeben. Wäre das die sauberste Lösung?

Henke: Klar, denn die Ärzte sind ja auch befangen. Und gehen mit gewissen Präparaten großzügiger um, wenn sie zu den jeweiligen Referenten einen guten Draht haben. Das ist völlig normal. Und das wird von der Industrie gezielt gesteuert und genutzt.

Ehgartner: Die Fachgesellschaften in der Onkologie aber auch in der Nephrologie haben noch vor relativ kurzem in den USA hohe Zielwerte für die Behandlung der Blutarmut angegeben. War das in Deutschland anders?

Henke: In Europa war man generell zurückhaltender. Die Österreicher haben da eine kleine Ausnahmerolle, weil sie bei EPO besonders großzügig waren und die Zulassung in der Onkologie sehr weit gefasst ist. Hier wurde von den Firmen ein sehr aktives und kompetentes Marketing gemacht. Und dann kommt dazu, dass beispielsweise der Herr Professor Ludwig aus Wien sich als einer der ersten speziell der Lebensqualität der Krebskranken angenommen hat. Er hat hier gezeigt, dass EPO dafür nützlich ist und das hat natürlich generell zu einer postiven Einstellung geführt. Österreich ist also hier vorne dran.
In Deutschland hat man die Tumoranämie eher immer als Anzeichen fürs herannahende Lebensende angesehen. Da muss ich den Patienten ja nicht wie einen Radfahrer in Topform sterben lassen. Man hat die Anämie eher als schicksalhaft akzeptiert. Und wenn jemand ganz schlecht beinander war, gaben wir eher Bluttransfusionen. Wir waren mit den Transfusionen in Europa eher großzügiger und nahmen weniger EPO.

Ehgartner: Haben die Firmen gar nicht auf diese europäische Zurückhaltung reagiert?

Henke: Doch. Sogar recht geschickt. Sie haben in ihrer Werbung immer mehr in den Vordergrund gerückt, dass man mit EPO nicht die konkrete Blutarmut der Patienten behandeln soll, sondern dass es besser wäre, gleich das Entstehen der Anämie zu verhindern. Dazu hat man sich an Laborwerten orientiert, den so genannten Hb-Wert, der den Anteil des roten Blutfarbstoffes misst. Es wurde also die Therapie mit EPO begonnen, damit der Laborwert nicht weiter abfällt und irgendwann eine Anämie entsteht. Man hat damit einem Denken Vorschub geleistet, das uns eher fremd war: dass man einen Laborwert behandelt und nicht den Patienten. Ich habe von meinen Lehrern immer die Regel mitbekommen: Wir behandeln keine Laborwerte! Das sitzt bei mir ganz tief drin. Ich würde also nicht sagen, ich gebe EPO ab einem Hb-Wert von 9 oder von 11. Vielmehr behandle ich Beschwerden oder zu erwartende Beschwerden.
Aber für einen unerfahrenen Arzt ist das natürlich sehr praktisch, sich an einem Laborwert zu orientieren. Der guckt auf eine Zahl und dann schreibt er ein Rezept. Es ist dem gegenüber viel aufwändiger, den Patienten zu befragen, wie es mit seiner Leistungsfähigkeit steht, ob die Belastbarkeit abgenommen hat, oder ob Atemnot besteht. Da ist es viel einfacher, den Patienten ins Labor zu schicken, ich guck mir den Wert an und geb die Spritze. Das war von den Firmen gut eingefädelt.

Ehgartner: Es wurde hier also dasselbe eingeführt, wie auch bei Cholesterin und anderen Risikofaktoren, wo ab bestimmten Grenzen Medikamente empfohlen werden.

Henke: Ja, aber es ist eigentlich intellektuelle Faulheit, wenn die Patienten nur noch nach Zahlen behandelt werden.

Ehgartner: Sie haben jetzt in einer aktuelle Studie die These geprüft, ob es eventuell an den Krebszellen EPO-Rezeptoren gibt und davon die Gefahr ausgeht.

Henke: Wir haben bei den Patienten nur dort negative Effekte von Epo gesehen, wo aktiver Krebs da war. Und nicht bei jenen, wo der Tumor komplett entfert werden konnte. Das hat zur Überlegung geführt, dass das Epo irgendwas an den Krebszellen macht. Und dann muss die Krebszelle ein Schlüsselloch haben, wo das Epo als Schlüssel wirken kann. Wir haben dann festgestellt, dass nur bestimmte Patienten einen ungünstigen Verlauf hatten, wenn sie mit Epo (Schlüssel) behandelt wurden: nämlich jene, deren Tumoren die Epo-Rezeptoren (Schlüsselloch) hatten. Wir haben also jene Patienten identifziert, denen man besser kein Epo gibt.

Ehgartner: Was waren denn die Anlässe für Nachfolgestudien? Gab es da Versuche, Ihre Ergebnisse zu widerlegen?

Henke: Ja, aber das hat nicht funktioniert. Es war schade, dass Studien abgebrochen wurden, gerade noch rechtzeitig, bevor die negativen Ergebnisse statistisch signifikant wurden. Wenn Sie eine Studie vorzeitig abbrechen, können sie noch sagen, sie sehen keinen signifikanten Unterschied. Und einige dieser Studien wurden dann auch nie publiziert und sie finden das nicht in der internationalen Medizin-Datenbank.
Dann gab es aber auch Studien, und das hat mir persönlich gut getan, die bekamen dasselbe raus, was wir fanden. Beim Mammakarzinom gabs dasselbe, ebenso bei Lungenkrebs. Das kam erst Anfang dieses Jahres raus.

Ehgartner: Ist Epo derzeit ein Hauptthema in der Onkologie?

Henke: Sicher ein wichtiges. Allerdings kommuniziert man nicht so gerne negative Ergebnisse.

Ehgartner: Es gibt nun eine Menge Fragezeichen und es würde einiger großer Studien bedürfen, um die Gefahr, aber auch die Chancen von Epo grundlegend zu klären. Experten kritisieren, dass diese Studien kaum angegangen und viel zu wenige Patienten aufgenommen werden. Mangelt es am Geld dafür?

Henke: Ja. Die Industrie hat natürlich keinerlei Interesse mehr daran, noch weitere solche Studien zu unternehmen.

Ehgartner: Ist hier die Angst spürbar, dass diese Ergebnisse sich immer mehr zu einer kommerziellen Katastrophe auswachsen könnten, wie das vor fünf Jahren bei der Hormonersatztherapie der Fall war, wo ja nach den katastrophalen Studienergebnissen binnen kurzem der Markt eingebrochen ist.

Henke: Ja. Aber ethisch ist dieses Vorgehen doch sehr bedenklich. Es wurde über Jahre gut verdient und wird immer noch gut verdient. Ich meine aber, da besteht schon eine moralische Pflicht, sich zu engagieren, den wahren Stellenwert von Epo in der Onkologie zu definieren und damit seinen Nutzen und Schaden bei der Patientenbehandlung festzulegen.



Michael Henke, 55, ist Professor an der Radiologischen Universitätsklinik in Freiburg. Schwerpunkt seiner Arbeit ist die klinische Forschung. Hier engagiert er sich insbesondere in Untersuchungen zur pharmakologischen Beeinflussung der Bestrahlungswirkung bei Krebs.

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Mittwoch, 23. Januar 2008
Zur HPV-Impfung
Sowohl in Österreich als auch in Deutschland wurde den Behörden ein Todesfall in zeitlichem Zusammenhang zur HPV-Impfung gemeldet.

Die Mitteilung des Paul Ehrlich Institutes zum Tod einer bislang gesunden 17-jährigen findet sich hier: http://www.pei.de/cln_046/nn_158134/DE/infos/fachkreise/am-infos-ablage/sik/2008-01-18-gardasil.html

Zum österreichischen Todesfall bei einer 19-jährigen habe ich mit dem Gerichtsmediziner, der das Gutachten erstellt hat, ein Interview gemacht:
http://derstandard.at/?url=/?id=3188928

In Österreich gibt es noch einen zweiten Fall. Eine 15-jährige erkrankte 3 Wochen nach der Impfung an einer ADEM (Akute disseminierte Enzephalomyelitis), schwebte mehrere Tage in Lebensgefahr und ist nach 8-wöchiger Hochdosis-Cortisontherapie nun wieder halbwegs wohlauf.

Nun ist nicht jeder Verdachtsfall nach Impfung auch ein ursächlicher Impfschaden. In dieser Altersgruppe sind unerklärliche - nicht durch Infekte, Organschäden oder Drogenmissbrauch erklärbare Todesfälle aber extrem selten.

Von Seiten der Impfexperten hat man derzeit den Eindruck, dass hier möglichst der "Impfgedanke" geschützt werden soll. Dreist und entgegen jeglicher Evidenz wird behauptet, dass ein Todesfall drei Wochen nach dem Termin mit hundertprozentiger Sicherheit nichts mehr mit der Impfung zu tun haben kann.
Und das, obwohl z.B. die US-Gesundheitsbehörden bei Autoimmunreaktionen nach der Impfung GERADE DIESE ZEITSPANNE zwischen 1,5 und 5 Wochen nach der Impfung als Hinweis FÜR einen möglichen Zusammenhang angeben.

Bei einer ADEM heißt es z.B. in den Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Neurologie, dass diese Krankheit 1 bis 4 Wochen nach einer Infektion, selten auch nach Impfungen auftreten kann
http://www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll/030-034.htm

Infektionen konnten bei der Überlebenden ADEM-Patientin ausgeschlossen werden. Und was jetzt?

Ein weiteres Argument pro Impfung lautet, dass hier das Nutzen-Risiko Profil abzuwägen sei.
Seltene Nebenwirkungen würden durch die vermiedenen Todesfälle am Zervix-Karzinom bei weitem aufgewogen.

Das halte ich für eine gewagte Prognose, die möglicherweise zutrifft, möglicherweise aber auch nicht. Bis sich das überprüfen lässt, vergehen jedenfalls noch Jahrzehnte.

In Österreich starben nach aktuellem Jahresbericht der STATISTIK Austria von 2006 insgesamt 169 Frauen am Zervix-Karzinom.
Keine einzige im Alter unter 30.
Aber zwei Drittel im Alter über 60.

Die Impfung müsste also jahrzehntelang vor Infektion und Re-Infektion schützen, um zumindest irgendwelche Auswirkungen auf die Sterbestatistik zu zeigen.

Zu einer vernünftigen Schaden-Nutzen Analyse bräuchte es zudem die Gegenseite: nämlich die wahre Zahl der durch die Impfung verursachten schweren Nebenwirkungen.
Bei passiven Meldesystemen liegt schon im Normalfall die Dunkelziffer über 90 Prozent. Die Ärzte Österreichs und auch Deutschlands haben aber eine besonders schlechte Meldemoral. Und die wird auch nicht eben gefördert, wenn Impfexperten im Brustton der Überzeugung verkünden, dass Impf-Zwischenfälle entweder gleich oder gar nicht auftreten.
Oder jemand der doch seiner gesetzlichen Meldepflicht nachkommt - so wie der Gerichtsmediziner - in der Folge als "Auslöser einer unnötige Panik" verunglimpft wird.

All dies ist mit zu bedenken, wenn nun einzelne Todesfälle - quasi als Kollateralschaden des Gemeinwohls verharmlost werden.

Anstatt öffentlich die Unwahrheit zu verbreiten, hätten die Impfexperten genug damit zu tun, ihre impfenden Kollegen darüber aufzuklären, dass die
Schutzwirkung der Impfung von 70% drastisch unter 20% sinkt, sobald die jungen Frauen Geschlechtsverkehr hatten (und in der Folge mit einer oder mehreren Virus-Serotypen infiziert werden).

PS: Die verstorbene 19-jährige Österreicherin bekam die Impfung von eben jener Frauenärztin, die ihr vier Jahre davor auch die erste Pille verschrieben hat.

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Willkommen
Mein Name ist Bert Ehgartner, ich bin 45 und lebe mit meiner Familie im Wienerwald, dem Grüngürtel im Westen Wiens, dem unsere schöne Hauptstadt ihre gute Luft verdankt.

So sehe ich aus:



Und das mache ich beruflich:

Ich bin seit mehr als 20 Jahren Journalist, seit etwa 10 Jahren mit dem Schwerpunkt Wissenschaft - vor allem Medizin. 1999 machte ich mich selbstständig und tanze seither als Dokumentarfilmer, Sachbuchautor, Printjournalist und nun erstmals auch als Blogger auf allen möglichen medialen Hochzeiten.

Hier möchte ich Themen präsentieren, die mich beruflich interessieren, auch mal eigene Stories posten und meinen Senf zu aktuellen Diskussionen im politischen und medialen Umfeld der Medizin beitragen.

Der Titel des Blogs ist übrigens ident mit jenem meines neuen Buches, das im April im Verlag Lübbe erscheint:
Lob der Krankheit - Warum es gesund ist, ab und zu krank zu sein.
Hier gehts zur (Vor-)Bestellung:

http://www.amazon.de/Krankheit-Warum-gesund-krank-sein/dp/3785723229/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1201792946&sr=8-1

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