Donnerstag, 24. April 2008
WHO verschätzte sich bei Grippe-Impfmix
malamud, 23:59h
Mit Jahresbeginn setzte heuer in Europa und den USA eine recht heftige Grippewelle ein.
In der 3. Jännerwoche gab es allein in Wien 16.000 Neuerkrankte, das stieg nach Schätzungen der Influenza-Experten bis zur ersten Februarwoche noch weiter an auf 28.000 Neuerkrankungen. Dann verflüchtigte sich der Spuk wieder.
Die letzte derart heftige Influenza gab es zuletzt 2003/2004.
Damals hatte die Influenza Europa und die USA so intensiv erwischt, dass Zweifel aufkamen, ob der Impfstoff überhaupt eine Wirkung zeigte. Denn unter den Kranken waren fast genau so viele Geimpfte wie Ungeimpfte.
Anders als in Europa gingen die Behörden in den USA dieser Frage recht gründlich nach. Und erste Untersuchungen der CDC kamen zu recht ernüchternden Resultaten. Tatsächlich: Die auch in guten Jahren recht bescheiden wirksame Impfung bot diesmal einen Schutz von weniger als 20%.
Dies lag daran, dass 2003/04 der Panama-Stamm erwartet wurde. Doch gekommen ist leider der Virentyp Fuji.
http://www.nytimes.com/2004/01/15/health/15FLU.html?pagewanted=print&position=
Die Influenza-Surveillance der WHO hatte auch Fuji vorhergesagt. Doch die Viren erwiesen sich als so aggressiv, dass es nicht gelang, sie auf den lebenden Hühnerembryonen anzuzüchten. Anstatt sich zu vermehren, killten sie ihren Wirt.
Dem Run auf die Impfung tat dies jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil. In der nächsten Saison, 2004/2005 ließen sich - wegen der Grippe-Panik nach den Erfahrungen des Vorjahres so viele Menschen impfen wie schon lange nicht. Zu allem Überfluss wurden auch noch einige Impffabriken aus hygienischen Gründen von den Behörden geschlossen. Der halbe Jahresbedarf der USA fiel damit flach.
Die Leute standen Schlange, wenn irgendwo noch Restposten auftauchten.
2005/2006 schraubten die Impfstoff-Hersteller ihre Kontingente auf Rekordhöhen. Die Grippe-Wellen blieben jedoch, ebenso wie 06/07 weitgehend aus.
Nun gab es also wieder mal eine richtige große Surfwelle, die uns die Viren massenhaft ins Land schwemmte.
An sich wären das gute Nachrichten für die Grippe-Geimpften - denn damit hätten Sie ja einen ordentlichen Gesundheitsvorteil gehabt gegenüber den Impfmuffeln.
Leider ist das nicht so sicher. Denn so wie zuletzt 2004 mehren sich auch jetzt wieder die Hinweise, dass just dann, wenn die Grippewelle einmal rollt, im Impfstoff die falschen Virenstämme verwendet wurden.
Dieses mal wüteten der Influenza A-Typ "Brisbane" und der B-Typ "Florida". Und abermals waren die Impfstämme leider auf andere Weltgegenden getauft. Bot der A-Typ noch eine magere Kreuzprotektion waren die Geimpften gegen den B-Typ vollkommen schutzlos, was zusammen in einer recht mageren Wirksamkeit von 44% mündete.
http://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/mm5715a1.htm
Mal sehen, welche Erfahrungen in diesem Zusammenhang die Bediensteten der Uniklinik Graz machten. Dort hatte sich die Anstaltsleitung für die Impfaktion gegen Influenza etwas Besonderes einfallen lassen: Wer sich impfen ließ, bekam eine Autobahn-Jahres-Vignette gratis, also ein Geschenk im Wert von mehr als 80 Euro.
Anstatt bescheidener 15% stürmte diesmal mehr als die Hälfte der Ärzte, Krankenschwestern und des Verwaltungspersonals die Impfabteilung. Fast 4000 Medizinberufler ließen sich impfen.
Ich bin schon neugierig auf die Erfahrungen, die hier gemacht wurden. - Und ob sich die teure Aktion zumindest in der Reduktion der Krankenstandstage gerechnet hat. Ein gutes Jahr haben sich die Grazer für ihre Aktion aber scheinbar nicht ausgesucht.
In der 3. Jännerwoche gab es allein in Wien 16.000 Neuerkrankte, das stieg nach Schätzungen der Influenza-Experten bis zur ersten Februarwoche noch weiter an auf 28.000 Neuerkrankungen. Dann verflüchtigte sich der Spuk wieder.
Die letzte derart heftige Influenza gab es zuletzt 2003/2004.
Damals hatte die Influenza Europa und die USA so intensiv erwischt, dass Zweifel aufkamen, ob der Impfstoff überhaupt eine Wirkung zeigte. Denn unter den Kranken waren fast genau so viele Geimpfte wie Ungeimpfte.
Anders als in Europa gingen die Behörden in den USA dieser Frage recht gründlich nach. Und erste Untersuchungen der CDC kamen zu recht ernüchternden Resultaten. Tatsächlich: Die auch in guten Jahren recht bescheiden wirksame Impfung bot diesmal einen Schutz von weniger als 20%.
Dies lag daran, dass 2003/04 der Panama-Stamm erwartet wurde. Doch gekommen ist leider der Virentyp Fuji.
http://www.nytimes.com/2004/01/15/health/15FLU.html?pagewanted=print&position=
Die Influenza-Surveillance der WHO hatte auch Fuji vorhergesagt. Doch die Viren erwiesen sich als so aggressiv, dass es nicht gelang, sie auf den lebenden Hühnerembryonen anzuzüchten. Anstatt sich zu vermehren, killten sie ihren Wirt.
Dem Run auf die Impfung tat dies jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil. In der nächsten Saison, 2004/2005 ließen sich - wegen der Grippe-Panik nach den Erfahrungen des Vorjahres so viele Menschen impfen wie schon lange nicht. Zu allem Überfluss wurden auch noch einige Impffabriken aus hygienischen Gründen von den Behörden geschlossen. Der halbe Jahresbedarf der USA fiel damit flach.
Die Leute standen Schlange, wenn irgendwo noch Restposten auftauchten.
2005/2006 schraubten die Impfstoff-Hersteller ihre Kontingente auf Rekordhöhen. Die Grippe-Wellen blieben jedoch, ebenso wie 06/07 weitgehend aus.
Nun gab es also wieder mal eine richtige große Surfwelle, die uns die Viren massenhaft ins Land schwemmte.
An sich wären das gute Nachrichten für die Grippe-Geimpften - denn damit hätten Sie ja einen ordentlichen Gesundheitsvorteil gehabt gegenüber den Impfmuffeln.
Leider ist das nicht so sicher. Denn so wie zuletzt 2004 mehren sich auch jetzt wieder die Hinweise, dass just dann, wenn die Grippewelle einmal rollt, im Impfstoff die falschen Virenstämme verwendet wurden.
Dieses mal wüteten der Influenza A-Typ "Brisbane" und der B-Typ "Florida". Und abermals waren die Impfstämme leider auf andere Weltgegenden getauft. Bot der A-Typ noch eine magere Kreuzprotektion waren die Geimpften gegen den B-Typ vollkommen schutzlos, was zusammen in einer recht mageren Wirksamkeit von 44% mündete.
http://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/mm5715a1.htm
Mal sehen, welche Erfahrungen in diesem Zusammenhang die Bediensteten der Uniklinik Graz machten. Dort hatte sich die Anstaltsleitung für die Impfaktion gegen Influenza etwas Besonderes einfallen lassen: Wer sich impfen ließ, bekam eine Autobahn-Jahres-Vignette gratis, also ein Geschenk im Wert von mehr als 80 Euro.
Anstatt bescheidener 15% stürmte diesmal mehr als die Hälfte der Ärzte, Krankenschwestern und des Verwaltungspersonals die Impfabteilung. Fast 4000 Medizinberufler ließen sich impfen.
Ich bin schon neugierig auf die Erfahrungen, die hier gemacht wurden. - Und ob sich die teure Aktion zumindest in der Reduktion der Krankenstandstage gerechnet hat. Ein gutes Jahr haben sich die Grazer für ihre Aktion aber scheinbar nicht ausgesucht.
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malamud,
Samstag, 26. April 2008, 12:02
neuer Link
Der erste Link oben ins Archiv der New York Times funktioniert nicht.
Hier gehts zu einem ähnlichen Bericht der Washington Post:
http://www.washingtonpost.com/ac2/wp-dyn/A8533-2004Jan11?language=printer
Hier gehts zu einem ähnlichen Bericht der Washington Post:
http://www.washingtonpost.com/ac2/wp-dyn/A8533-2004Jan11?language=printer
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Dienstag, 27. Mai 2008, 16:44
Impfung
Sehr interessanter Beitrag! Ich selbst habe eine sehr interessante Diskussion zu diesem Thema bei imedo gefunden: http://www.imedo.de/group/topics/show/57687-tamiflu
also ich selbst impfe auch und bin seitdem verschin geblieben.
Gruss. Sevta
also ich selbst impfe auch und bin seitdem verschin geblieben.
Gruss. Sevta
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malamud,
Mittwoch, 28. Mai 2008, 01:30
Diskussion zu Tamiflu
also ich weiß nicht, was an dieser Diskussion besonders spannend sein soll.
Ich finde spannender, dass in Japan - dem Land, in dem Tamiflu am frühesten und am meisten verschrieben worden ist, das Mittel nun nicht mehr an Teenager abgegeben werden darf. Hier ist es bis 2007 zu 54 Todesfällen gekommen. 15 Jugendliche im Alter zwischen 10 und 19 Jahren sprangen von Gebäuden, während sie Tamiflu nahmen, ein weiterer Jugendlicher stürzte sich vor ein Auto.
Als mögliche Ursache gab ein Behördensprecher an, dass Tamiflu bei manchen Jugendlichen die Blut-Hirn-Schranke überwinden könnte, womit das abnorme Verhalten ausgelöst wird.
In der EU ist die Abgabe von Tamiflu an Teenager nach wie vor möglich. Allerdings rät die Arzneimittel-Behörde den Eltern und Ärzten auf "seltsames Verhalten" der Jugendlichen zu achten.
Ich finde spannender, dass in Japan - dem Land, in dem Tamiflu am frühesten und am meisten verschrieben worden ist, das Mittel nun nicht mehr an Teenager abgegeben werden darf. Hier ist es bis 2007 zu 54 Todesfällen gekommen. 15 Jugendliche im Alter zwischen 10 und 19 Jahren sprangen von Gebäuden, während sie Tamiflu nahmen, ein weiterer Jugendlicher stürzte sich vor ein Auto.
Als mögliche Ursache gab ein Behördensprecher an, dass Tamiflu bei manchen Jugendlichen die Blut-Hirn-Schranke überwinden könnte, womit das abnorme Verhalten ausgelöst wird.
In der EU ist die Abgabe von Tamiflu an Teenager nach wie vor möglich. Allerdings rät die Arzneimittel-Behörde den Eltern und Ärzten auf "seltsames Verhalten" der Jugendlichen zu achten.
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