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Samstag, 2. Mai 2009
Die Gripperl-Pandemie
malamud, 18:25h
Es gibt derzeit wohl weltweit kein News-Portal, in dem die Influenza-Pandemie nicht Titelthema ist. Und das seit Wochen. Wir werden damit in einem Ausmaß belästigt, das der realen mit der Krankheit verbundenen Bedrohung diametral entgegen steht. Deshalb geben wir hier im blog zum Ausgleich Entwarnung und versuchen die Gründe zu verstehen, warum ein Großteil der weltweiten Influenza-Community im Verbund mit den Medien derzeit durchdreht.
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Die WHO überlegt angestrengt, ob die höchste Pandemie-Warnstufe 6 ausgerufen werden soll, beim Meeting der EU-Gesundheitsminister war die Grippe das beherrschende Thema und in Mexico-City wurde ein "War-Room" eingerichtet, in dem die Experten rund um die Uhr tagen und die positiven Virentests auf ihren Pandemie-Landkarten eintragen. Für diese Woche wird nun die Entscheidung erwartet, ob die groß angelegte Produktion eines eigenen Impfstoffes gegen A/H1N1 angeordnet wird. Man hat den Eindruck als stünden wir am Rande des Abgrunds. Und das angesichts einer Bedrohung, die in etwa die Zerstörungskraft eines Frühlingsschnupfens hat.
Besonders schlimm ist die Lage in Deutschland, wo laut Jörg Hacker, dem Präsidenten des Robert-Koch-Institutes nun eine "neue Situation eingetreten ist": Eine Krankenschwester hat sich bei einem Grippe-Patienten angesteckt. Zwar sind beide längst wieder wohlauf, doch Angela Merkel gab bekannt, dass fortan die Bundesregierung "bis auf weiteres jeden Mittwoch" über die Pandemie beraten werde.
Welche neue Pest treibt hier ihr Unwesen?
Zunächst waren in einem hysterischen Wettlauf die aus Mexico gemeldeten Todesfälle hochgeschnellt - und hielten bald bei deutlich über 100 Opfern. Hier wurde scheinbar jeder Phantast zitiert, der die Courage hatte, vor die Kameras zu treten. Tatsächlich war bei den Patienten aber gar nicht untersucht worden, ob sie überhaupt an der Influenza litten. Nun gab das Gesundheitsministerium bekannt, dass die Zahl der bestätigten Influenza Todesfälle bei 15 liegt.
Wir beobachten staunend das Krisen-Management eines Influenza-Apparates, der mit Milliardenaufwand aus Steuergeldern finanziert wird und derzeit alles Erdenkliche unternimmt, seine eigene Existenz zu rechtfertigen.
In fast allen Äußerungen dieser Experten klingt die kaum verhohlene Freude mit, dass es nun endlich eine Chance gibt, sich in Szene zu setzen. Und mit Stolz verweisen die Experten auf ihre eigene Rolle bei der Einrichtung von nationalen Pandemie-Plänen, sowie der Bevorratung mit Influenza Medikamenten und Grippe-Schutzmasken.
Das was Kritiker als rausgeschmissenes Geld bezeichnet haben, habe sich nunmehr - dank ihrem weisen Rat - als gut investierte Gesundheitsvorsorge erwiesen.
Über viele Jahre sind wir es gewöhnt, zur Grippe-Impf-Saison regelmäßig mit Horrorzahlen versorgt zu werden, deren Wahrheitsgehalt irgendwo zwischen Hänsel und Gretel im tiefen tiefen Wald verloren gegangen ist. Erst kürzlich - beim Runden Tisch zum Thema Schweinegrippe im ORF - wiederholte die Vizepräsidentin der Apothekerkammer Christiane Körner wieder mal das bekannten Influenza-Schauermärchen: Etwa 2.000 bis 4.000 Opfer fordere demnach die ganz normale Grippe in Österreich - und das jeden Winter. Auch das Robert Koch Institut spricht, je nach Laune, von jährlich 12.000 bis 15.000 Todesopfer, die auch schon mal auf 20.000 aufgerundet werden, wie die Zeit in ihrem dramatischen Bericht "Impf oder stirb!" in Erfahrung brachte.
Irgendwie scheint es, als habe diese Zahlen aber ohnehin nie jemand geglaubt.
Wie wäre es sonst möglich, dass die 15 bestätigten Todesfälle aus Mexico nun ein Vielfaches des Raumes einnehmen, den zuvor die Finanzkrise beanspruchte.
Die derzeitige Influenza-Epidemie ist wenig ansteckend, sie verursacht kaum Beschwerden mit nur geringem Fieber und sie heilt im Normalfall rasch wieder aus.
Doch sie bietet - auf Grund des kollektiven Traumas, das die „Spanische Grippe“ vom Nachkriegswinter 1919 hinterlassen hat, noch immer den Stoff aus dem die guten Horrorgeschichten geschnitzt werden.
So wurde in den Mexikanischen Medien viel über die Gemeinde La Gloria berichtet, wo von 2.155 Bewohnern 616 an der Influenza erkrankt seien. Diese Gemeinde, erklärten Experten, sei ein Zentrum der Schweineindustrie, die Zucht- und Mastställe lägen unmittelbar im Wohngebiet und mit hoher Wahrscheinlichkeit sei La Gloria der Ground Zero der Schweinegrippe: hier ist das Virus vom Schwein auf die Menschen übergesprungen.
Doch so wie die Horror-Todeszahlen erwies sich auch diese Nachricht bei näherer Untersuchung als bloße Mär. Der Direktor des Nationalen Zentrums für Epidemiologie in Mexico, Miguel Angel Lezana, erklärte nach einem Lokal-Augenschein Reportern der Washington Post, dass es wenig Belege dafür gibt, dass La Gloria tatsächlich die Brutstätte des aktuellen Virus ist: „Die Schweineställe sind weit von der Wohnsiedlung entfernt. Untersuchungen der Schweine ergaben keinerlei Hinweise auf Influenza.“ Zudem seien unter den hunderten „Influenza-Opfern“ von La Gloria in Wahrheit nur bei einem einzigen auch tatsächlich die Grippeviren gefunden worden: Bei einem fünfjährigen Buben, der längst wieder gesund ist.
Auf den Internet-Seiten der US-Gesundheitsbehörde CDC wird den Ärzten geraten, bei Verdachtsfällen sofort Relenza oder Tamiflu zu verschreiben. Den Patienten wird sogar die vorbeugende Einnahme der umstrittenen und Nebenwirkungs-reichen Medikamente empfohlen, falls sie in Kontakt mit Verdachtsfällen kämen.
Beim derzeit herrschenden Irrsinn ist es wohl zu erwarten, dass in der nächsten Woche - gegen alle Vernunft - die höchste Pandemie-Warnstufe ausgerufen wird, die auch den Startschuss zur Herstellung eines eigenen Pandemie-Impfstoffes bedeutet.
Nachdem schon bisher die Produktion von Vogelgrippe-Impfstoff von einigen Pannen und Katastrophen begleitet war, werden wir wohl auch in den nächsten Monaten noch einige Highlights des modernen Katastrophen-Managements mit verfolgen.
Relativ risikolos lässt sich jetzt schon prophezeien, dass die Bekämpfung der Pandemie jedenfalls deutlich mehr Opfer fordern wird, als die Pandemie selbst.
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Die WHO überlegt angestrengt, ob die höchste Pandemie-Warnstufe 6 ausgerufen werden soll, beim Meeting der EU-Gesundheitsminister war die Grippe das beherrschende Thema und in Mexico-City wurde ein "War-Room" eingerichtet, in dem die Experten rund um die Uhr tagen und die positiven Virentests auf ihren Pandemie-Landkarten eintragen. Für diese Woche wird nun die Entscheidung erwartet, ob die groß angelegte Produktion eines eigenen Impfstoffes gegen A/H1N1 angeordnet wird. Man hat den Eindruck als stünden wir am Rande des Abgrunds. Und das angesichts einer Bedrohung, die in etwa die Zerstörungskraft eines Frühlingsschnupfens hat.
Besonders schlimm ist die Lage in Deutschland, wo laut Jörg Hacker, dem Präsidenten des Robert-Koch-Institutes nun eine "neue Situation eingetreten ist": Eine Krankenschwester hat sich bei einem Grippe-Patienten angesteckt. Zwar sind beide längst wieder wohlauf, doch Angela Merkel gab bekannt, dass fortan die Bundesregierung "bis auf weiteres jeden Mittwoch" über die Pandemie beraten werde.
Welche neue Pest treibt hier ihr Unwesen?
Zunächst waren in einem hysterischen Wettlauf die aus Mexico gemeldeten Todesfälle hochgeschnellt - und hielten bald bei deutlich über 100 Opfern. Hier wurde scheinbar jeder Phantast zitiert, der die Courage hatte, vor die Kameras zu treten. Tatsächlich war bei den Patienten aber gar nicht untersucht worden, ob sie überhaupt an der Influenza litten. Nun gab das Gesundheitsministerium bekannt, dass die Zahl der bestätigten Influenza Todesfälle bei 15 liegt.
Wir beobachten staunend das Krisen-Management eines Influenza-Apparates, der mit Milliardenaufwand aus Steuergeldern finanziert wird und derzeit alles Erdenkliche unternimmt, seine eigene Existenz zu rechtfertigen.
In fast allen Äußerungen dieser Experten klingt die kaum verhohlene Freude mit, dass es nun endlich eine Chance gibt, sich in Szene zu setzen. Und mit Stolz verweisen die Experten auf ihre eigene Rolle bei der Einrichtung von nationalen Pandemie-Plänen, sowie der Bevorratung mit Influenza Medikamenten und Grippe-Schutzmasken.
Das was Kritiker als rausgeschmissenes Geld bezeichnet haben, habe sich nunmehr - dank ihrem weisen Rat - als gut investierte Gesundheitsvorsorge erwiesen.
Über viele Jahre sind wir es gewöhnt, zur Grippe-Impf-Saison regelmäßig mit Horrorzahlen versorgt zu werden, deren Wahrheitsgehalt irgendwo zwischen Hänsel und Gretel im tiefen tiefen Wald verloren gegangen ist. Erst kürzlich - beim Runden Tisch zum Thema Schweinegrippe im ORF - wiederholte die Vizepräsidentin der Apothekerkammer Christiane Körner wieder mal das bekannten Influenza-Schauermärchen: Etwa 2.000 bis 4.000 Opfer fordere demnach die ganz normale Grippe in Österreich - und das jeden Winter. Auch das Robert Koch Institut spricht, je nach Laune, von jährlich 12.000 bis 15.000 Todesopfer, die auch schon mal auf 20.000 aufgerundet werden, wie die Zeit in ihrem dramatischen Bericht "Impf oder stirb!" in Erfahrung brachte.
Irgendwie scheint es, als habe diese Zahlen aber ohnehin nie jemand geglaubt.
Wie wäre es sonst möglich, dass die 15 bestätigten Todesfälle aus Mexico nun ein Vielfaches des Raumes einnehmen, den zuvor die Finanzkrise beanspruchte.
Die derzeitige Influenza-Epidemie ist wenig ansteckend, sie verursacht kaum Beschwerden mit nur geringem Fieber und sie heilt im Normalfall rasch wieder aus.
Doch sie bietet - auf Grund des kollektiven Traumas, das die „Spanische Grippe“ vom Nachkriegswinter 1919 hinterlassen hat, noch immer den Stoff aus dem die guten Horrorgeschichten geschnitzt werden.
So wurde in den Mexikanischen Medien viel über die Gemeinde La Gloria berichtet, wo von 2.155 Bewohnern 616 an der Influenza erkrankt seien. Diese Gemeinde, erklärten Experten, sei ein Zentrum der Schweineindustrie, die Zucht- und Mastställe lägen unmittelbar im Wohngebiet und mit hoher Wahrscheinlichkeit sei La Gloria der Ground Zero der Schweinegrippe: hier ist das Virus vom Schwein auf die Menschen übergesprungen.
Doch so wie die Horror-Todeszahlen erwies sich auch diese Nachricht bei näherer Untersuchung als bloße Mär. Der Direktor des Nationalen Zentrums für Epidemiologie in Mexico, Miguel Angel Lezana, erklärte nach einem Lokal-Augenschein Reportern der Washington Post, dass es wenig Belege dafür gibt, dass La Gloria tatsächlich die Brutstätte des aktuellen Virus ist: „Die Schweineställe sind weit von der Wohnsiedlung entfernt. Untersuchungen der Schweine ergaben keinerlei Hinweise auf Influenza.“ Zudem seien unter den hunderten „Influenza-Opfern“ von La Gloria in Wahrheit nur bei einem einzigen auch tatsächlich die Grippeviren gefunden worden: Bei einem fünfjährigen Buben, der längst wieder gesund ist.
Auf den Internet-Seiten der US-Gesundheitsbehörde CDC wird den Ärzten geraten, bei Verdachtsfällen sofort Relenza oder Tamiflu zu verschreiben. Den Patienten wird sogar die vorbeugende Einnahme der umstrittenen und Nebenwirkungs-reichen Medikamente empfohlen, falls sie in Kontakt mit Verdachtsfällen kämen.
Beim derzeit herrschenden Irrsinn ist es wohl zu erwarten, dass in der nächsten Woche - gegen alle Vernunft - die höchste Pandemie-Warnstufe ausgerufen wird, die auch den Startschuss zur Herstellung eines eigenen Pandemie-Impfstoffes bedeutet.
Nachdem schon bisher die Produktion von Vogelgrippe-Impfstoff von einigen Pannen und Katastrophen begleitet war, werden wir wohl auch in den nächsten Monaten noch einige Highlights des modernen Katastrophen-Managements mit verfolgen.
Relativ risikolos lässt sich jetzt schon prophezeien, dass die Bekämpfung der Pandemie jedenfalls deutlich mehr Opfer fordern wird, als die Pandemie selbst.
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