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Dienstag, 29. April 2008
Klaus Hartmann zur Moral der STIKO
malamud, 03:11h
Hier ein weiteres Interview, das ich für mein eben erschienenes Buch "Lob der Krankheit - Warum es gesund ist, ab und zu krank zu sein" (siehe: --> http://www.ehgartners.info ) führte.
Im ersten Teil sprach ich mit dem langjährigen STIKO-Vorsitzenden Heinz-Josef Schmitt, der letzten Herbst nicht ganz überraschend auf die Seite der Impfstoff-Hersteller zu Novartis-Vaccines gewechselt ist. In der zehn Jahre dauernden Ära von H.-J. Schmitt wurden von der STIKO so viele Impfstoffe in den offiziellen Impfplan genommen, wie nie zuvor. Darunter die heftig umstrittenen Empfehlungen für die Windpocken-Impfung im Babyalter, die Pneumokokken- oder die HPV-Impfung.
Interview, Teil 1:
http://med.blogger.de/stories/1103381/
Interview, Teil 2:
http://med.blogger.de/stories/1103792/
Dies hier ist nun die gekürzte Version eines Interviews mit Dr. Klaus Hartmann, einem der führenden deutschen Experten zu Impfschadensfällen und Komplikationen. Zuvor war er ein Jahrzehnt beim Paul Ehrlich Institut (PEI) tätig.
Das Gespräch wurde im Oktober letzten Jahres geführt und ist in Auszügen im Buch veröffentlicht.
Ehgartner: Der langjährige STIKO-Vorsitzende Schmitt war ein Meister in der Verflechtung seiner geschäftlichen Beziehungen mit seiner wissenschaftlichen bzw. beratenden Tätigkeit…
Hartmann: Das kann man wohl sagen, er war oftmals tätig für GlaxoSmithKline als Leiter von klinischen Prüfungen. Das ist eine sehr hoch dotierte Position, wenn sie eine große Impfstoff-Studie als Leiter der Prüfung betreuen. Das ist ja kein Geheimnis. Er hat viel für die Industrie gearbeitet. Der Schmitt gibt das aber auch ganz offen zu.
Ehgartner: Er bekam vergangenes Jahr - noch als STIKO-Chef - einen Preis „zur Förderung des Impfgedankens“, der mit 10.000 Euro dotiert war und von einem Impfstoff-Hersteller finanziert wurde. Daraus entsteht schon eine eigenartige Optik, vor der er sich aber nicht zu fürchten schien?
Hartmann: Ja, das ist schon interessant, dass er so etwas in seiner Eigenschaft als STIKO Vorsitzender annimmt.
Ehgartner: Er ist auch der Koordinator einer Gruppe Europäischer Impfexperten, dem so genannten „Summit of Independent European Vaccination Experts“ (SIEVE)
Hartmann: Die fliegen auf Industriekosten irgendwo hin, wo sie sich zum Thema Impfstoffsicherheit zusammensetzen. Sie kommen dort zur gemeinsamen Überzeugung, dass Impfen unglaublich sicher ist und man keine eigenen Sicherheitsstudien braucht. Das sind meist die Ergebnisse dieser Konferenzen und Schmitt ist immer dabei.
Ehgartner: Bei der Erklärung zu den finanziellen Interessenskonflikten gibt die SIEVE-Gruppe an, dass sie von der Stiftung Präventive Pädiatrie finanziell unterstützt werden und es keine sonstige Förderquelle gibt.
Hartmann: Diese Stiftung ist zum Großteil von der Industrie finanziert, um Impfstoff-Studien zu machen.
Hier wird aber nur schwer eine Transparenz zu schaffen sein. Gerade auch im Umfeld der STIKO ist das aber wirklich bedenklich: Ein STIKO-Vorsitzender, der bei einer Institution beschäftigt ist, die aus der Industrie finanziert wird. Das ist ja absurd. Wie soll der unbefangen im Auftrag des Gesundheitsministeriums entscheiden, welche Impfung aus medizinischen Gründen sinnvoll und notwendig ist? An so einer Impfempfehlung der STIKO hängen ja für die Industrie Milliardenumsätze dran. Wenn so jemand – auch nur teilweise von der Industrie bezahlt wird, so ist das absurd.
Ehgartner: Die Empfehlung für den HPV-Impfstoff brachte Gardasil (Anm: das erste zugelassene Produkt) im heurigen Jahr schon Umsätze von fast einer halben Milliarde und wurde vom Fleck weg zum bestverkauften Arzneimittel in Deutschland…
Hartmann: Diese ganz starke Lobbyarbeit des Herstellers gab es auch schon in den USA. Die wollten einführen, dass jedes Mädchen gezwungen wird, sich impfen zu lassen. Das ist wohl etwas am wackeln, weil eine Menge unerwünschter Reaktionen inklusive drei Todesfällen im Meldesystem aufgetaucht sind. Die Verpflichtung kippt wahrscheinlich.
Ehgartner: Es wurde in den letzten Jahren auch fast jeder Gynäkologen Kongress finanziell gesponsert.
Hartmann: Dabei sind die Gynäkologen noch am skeptischsten gegenüber HPV, weil sie ihre eigene Zervix-Vorsorge ein bisschen in Gefahr sehen, die ja eine ihrer Einkunftsquellen ist.
Ehgartner: Das PAP Screening steht in Deutschland nicht unbedingt zum besten. Trotz einer relativ hohen Test-Frequenz ist der Rückgang der Krebszahlen nicht so gut wie in anderen Ländern.
Hartmann: Das kann man ja verbessern. Wir müssen die Vorsorge weiterlaufen lassen, weil ja auch nicht alle krebserregenden Viren durch die Impfung abgedeckt werden. Das ist aber schwierig, weil viele Leute sagen werden: Na, ich bin ja geimpft – jetzt geh ich nicht mehr zur Vorsorge. Es ist sogar möglich, dass wir über diesen Effekt ein Ansteigen der Zervix-Krebsrate bekommen.
Ehgartner: Wie stehen Sie zur Empfehlung der allgemeinen Windpockenimpfung, die nun schon einige Jahre gilt?
Hartmann: Das ist auch reines Pharma-Marketing. Da müssen Sie schon lange suchen, bis Sie ein Kind finden, dass durch eine Windpocken-Erkrankung einen schweren Schaden davon trägt.
Die Kinderärzte sagten, man könne ja gegen vieles impfen. Aber doch nicht gegen Windpocken. „So ein Kind muss doch auch mal irgendwie eine Art von normaler Krankeit durchmachen, dass sein Organismus das mal kennen lernt. Und da sind die Windpocken ideal.“
Also kam das Argument, man müsse das volkswirtschaftlich sehen, durch die Reduktion der Pflegetage der Eltern, hieß es, zahlt sich das aus.
Und jetzt wird’s von den Herstellern bald nur noch den Vierfach-Impfstoff (Anm: Kombi gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken) am Markt geben. Sie werden bald keinen anderen mehr kriegen. Und dann müssen alle gegen Windpocken impfen.
Ehgartner: Wie ist hier die Position des PEI?
Hartmann: Die machen keine Empfehlungen, das macht nur die STIKO am Robert Koch Institut in Berlin. Die STIKO ist völlig autark. Die Personen werden vom Ministerium ausgewählt. Das sind verdiente Leute, die sich ums Impfen einen Namen gemacht haben. Das PEI prüft nur die Zulassungsanträge und macht die Risikoüberwachung.
Ehgartner: Eigentlich müsste hier von der Gesundheitsministerin eine Offensive ausgehen, um endlich die wirkliche Unabhängigkeit der STIKO zu gewährleisten.
Hartmann: Ja, auf jeden Fall. Es gibt ja auch eine Menge Kritik. Das Ministerium ist jedenfalls informiert.
Ehgartner: In Österreich haben wir ein Nebenwirkungs-Meldesystem bei Impfstoffen, das den Namen nicht verdient. Wie steht es damit in Deutschland?
Hartmann: Das dient eher zur Beruhigung und zum Vorzeigen. Das ist in Wahrheit aber völliger Humbug. Die Melderate ist gering. Die Ärzte sind recht schlecht über mögliche Impfreaktionen aufgeklärt. Sie wissen auch gar nicht, dass es beispielsweise zeitverzögerte autoimmune Komplikationen nach Impfungen geben kann. Davon haben die nie gehört. Sie melden so etwas nicht. Und nun haben wir große Computer stehen und hochvernetzte Experten, die die Meldungen verarbeiten könnten, aber es kommt nichts. Und da ist auch kein Interesse erkennbar, hier an dieser Input-Seite etwas zu tun. Denn da müssten sie ja mal etwas Aufklärung bei der Ärzteschaft machen, was es für seltene Komplikationen gibt, auf was man achten muss und was man wirklich melden muss. Auch Sachen, die man selber gar nicht zuordnen kann. Man müsste der Ärzteschaft auch vermitteln, dass sich niemand blamiert, der eine Meldung an das Amt schickt, von einem Vorfall den man nicht versteht. Denn genau das müsste gemeldet werden. Wir sind jedenfalls weit entfernt davon, dass wir auf Grund der jetzigen Meldepraxis wissenschaftlich gültige Aussagen machen könnten.
Ehgartner: Wie wird denn so ein Nebenwirkungsverdacht in der Praxis im Normalfall behandelt?
Hartmann: Der erste Weg des Arztes, wenn er nicht weiter weiß, führt normalerweise zu dem Referenten der Pharmafirma, der immer zu ihm kommt und ihn berät. Und der sagt dann vielleicht: „Ach ne, Quatsch, sowas haben wir in den Studien nie gesehen, das hat mit der Impfung nichts zu tun.“ Und dann ist das Problem ausdiskutiert. So ist die Praxis. Das läuft in Deutschland hanebüchen schlecht.
Und wenn man ein wenig versucht, darauf hinzuweisen, dann kommt der Prof. Schmitt und erzählt, dass moderne hochgereinigte Impfstoffe überhaupt keine Nebenwirkungen mehr machen.
Ehgartner: Bei Hexavac (Anm: im Herbst 2005 vom Markt genommener Sechsfach-Impstoff für Säuglinge) kam die Mehrzahl der Todesfälle, die zur Einleitung einer Untersuchung führten, von einem einzigen Arzt
Hartmann: Ja vom Pathologen Prof. Randolph Penning vom Institut für Rechtsmedizin in München. Der hat die Kinder obduziert, der hat die Gehirne gesehen. Ich habe mit ihm noch telefoniert. Er sagte, so ein Gehirn habe ich echt noch nicht gesehen. Das war so massiv geschwollen, einen Tag nach der Hexavac Impfung. Und er hat das auch publiziert. Da gab es einen Skandal drum. Er wurde angegriffen. Auch von Schmitt und anderen industrienahen Wissenschaftlern. Den haben sie so runter gemacht: dass er eigentlich gar keine Ahnung hätte von Pathologie. Er hat dann noch eine Publikation gemacht, sich verteidigt und ist bei seiner Meinung geblieben: dass das eben Komplikationen von Hexavac waren.
Der Münchner Epidemiologe Rüdiger von Kries fand dann auch das signifikante Signal im zweiten Lebensjahr. Da war dann auch das Geschrei groß: signifikantes Risiko für Tod, das kann doch wohl nicht sein. Es war aber so.
Und dann ist Hexavac ja verschwunden. Kurz nachdem eine Studie von RKI und PEI initiiert wurde zur genauen Untersuchung aller Todesfälle im ersten und zweiten Lebensjahr (Anm: dabei handelt es sich um die Token-Studie). Drei Wochen danach wurde Hexavac vom Markt genommen unter einem völlig an den Haaren herbeigezogenen Vorwand. Irgendwas muss man ja sagen, warum es den Impfstoff nicht mehr gibt. Und da sagte man eben etwas von der Langzeitwirksamkeit der Hepatitis B Komponente. Die sei nicht gewährleistet gewesen. Eine ganz komische Begründung.
Ich denke, wenn die Studie vorbei ist, Ende 2008 und gezeigt hat, dass beim zweiten Sechsfach Impfstoff Infanrix kein Risiko zu erkennen ist, dann wird auch Hexavac vermutlich wieder auftauchen: mit verbesserter Langzeit-Wirkung gegen Hepatitis B.
Ehgartner: Der Cochrane-Impfexperte Tom Jefferson wunderte sich im Gespräch mit mir, warum beim Impfen so eigene wissenschaftliche Gesetze herrschen, warum hier so eine penetrante Sorglosigkeit an den Tag gelegt wird. Was ist ihre Meinung dazu?
Hartmann: Sehen Sie mal die wirtschaftliche Seite. Das ist ja kein Nischenbereich mehr, so wie früher. Das ist ja inzwischen eines der ganz großen Geschäfte geworden. Sie haben einen Markt, der ist ganz anders als bei anderen Arzneimitteln. Sie haben keinen generischen Wettbewerb. Sie haben einen Patentschutz der läuft ewig, wenn sie einen Impfstoff entwickelt haben. Sie haben eine relativ unproblematische Zulassung, müssen ja nur die Antikörpertiter nachweisen und keine klinische Wirksamkeit. Sie brauchen keine langfristig angelegten Endpunkt-Studien, wie für ein Herz-Kreislauf-Mittel. Da muss man ja wirklich zeigen, dass man weniger Herzinfarkte hat. Das ist ja beim Impfen alles nicht.
Ehgartner: Man muss auch keine Placebo kontrollierten Studien machen, weil das unethisch wäre…
Hartmann: Genau. Das sind alles so Dinge, die sind relativ einfach. Die Zulassung, da haben Sie so einen massiv voreingenommenen Schmitt, der da eine Empfehlung organisiert. Da wird so viel Geld damit verdient, dass dieses System auch mit Absicht so gepflegt wird. Und da fließt auch mit Sicherheit einiges an Geld rein, dass das immer weiter so läuft. Da können Sie ganz sicher sein, dass das kein Zufall ist. Das ist ein sehr durchdachtes System. Und jeder, der da ein bisschen dagegen angeht, dem wird auch massiv wissenschaftlich der Ruf geschädigt.
Ehgartner: Tom Jefferson sagte, es wird ein sehr unangenehmer Druck aufgebaut, bis hin zu massiven Drohungen.
Hartmann: Ja, wenn Sie etwas Kritisches sagen, dann können Sie fest davon ausgehen. Schädigung des wissenschaftlichen Rufes ist da wohl noch die feinste Variante. Man will sich dieses Geschäft nicht so einfach madig machen lassen.
Ehgartner: Haben Sie selbst diesbezüglich schon mal Probleme bekommen?
Hartmann: Nein. Ich fordere halt bei jeder Gelegenheit, dass man für eine neue Impfung langfristig angelegte Sicherheitsstudien mitlaufen lassen muss. Damit man sieht, ob die Geimpften einen Vorteil gegenüber den Nicht-Geimpften haben. Und ob der Vorteil auch nach fünf oder zehn Jahren noch besteht. Das müsste man irgendwann mal machen, wenn man Daten haben will, die vernünftig sind. Wir werden sehen, vielleicht kommen ja noch die Zeiten, wo man so was wirklich machen muss.
Ehgartner: Einstweilen geht’s noch in die Gegenrichtung. Speziell auch wenn man sich ansieht, was mittlerweile als Placebo verwendet wird.
Hartmann: Bei Gardasil hat man die Aluminiumhydroxid-Lösung als Placebo genommen. Gerade jetzt, wo ja die Diskussion dahin geht, ob die Adjuvantien bei den unerwünschten Wirkungen eine mächtige Rolle spielen. Dass man also gar nicht sagen kann, ob das Problem mehr beim Antigen oder beim Adjuvans liegt. Und dann nimmt man das als Placebo und verkündet noch stolz: gegen Placebo ist der Impfstoff 100prozentig sicher. Das ist absurd. Wer so etwas genehmigt, der gehört nach Hause geschickt.
Im ersten Teil sprach ich mit dem langjährigen STIKO-Vorsitzenden Heinz-Josef Schmitt, der letzten Herbst nicht ganz überraschend auf die Seite der Impfstoff-Hersteller zu Novartis-Vaccines gewechselt ist. In der zehn Jahre dauernden Ära von H.-J. Schmitt wurden von der STIKO so viele Impfstoffe in den offiziellen Impfplan genommen, wie nie zuvor. Darunter die heftig umstrittenen Empfehlungen für die Windpocken-Impfung im Babyalter, die Pneumokokken- oder die HPV-Impfung.
Interview, Teil 1:
http://med.blogger.de/stories/1103381/
Interview, Teil 2:
http://med.blogger.de/stories/1103792/
Dies hier ist nun die gekürzte Version eines Interviews mit Dr. Klaus Hartmann, einem der führenden deutschen Experten zu Impfschadensfällen und Komplikationen. Zuvor war er ein Jahrzehnt beim Paul Ehrlich Institut (PEI) tätig.
Das Gespräch wurde im Oktober letzten Jahres geführt und ist in Auszügen im Buch veröffentlicht.
Ehgartner: Der langjährige STIKO-Vorsitzende Schmitt war ein Meister in der Verflechtung seiner geschäftlichen Beziehungen mit seiner wissenschaftlichen bzw. beratenden Tätigkeit…
Hartmann: Das kann man wohl sagen, er war oftmals tätig für GlaxoSmithKline als Leiter von klinischen Prüfungen. Das ist eine sehr hoch dotierte Position, wenn sie eine große Impfstoff-Studie als Leiter der Prüfung betreuen. Das ist ja kein Geheimnis. Er hat viel für die Industrie gearbeitet. Der Schmitt gibt das aber auch ganz offen zu.
Ehgartner: Er bekam vergangenes Jahr - noch als STIKO-Chef - einen Preis „zur Förderung des Impfgedankens“, der mit 10.000 Euro dotiert war und von einem Impfstoff-Hersteller finanziert wurde. Daraus entsteht schon eine eigenartige Optik, vor der er sich aber nicht zu fürchten schien?
Hartmann: Ja, das ist schon interessant, dass er so etwas in seiner Eigenschaft als STIKO Vorsitzender annimmt.
Ehgartner: Er ist auch der Koordinator einer Gruppe Europäischer Impfexperten, dem so genannten „Summit of Independent European Vaccination Experts“ (SIEVE)
Hartmann: Die fliegen auf Industriekosten irgendwo hin, wo sie sich zum Thema Impfstoffsicherheit zusammensetzen. Sie kommen dort zur gemeinsamen Überzeugung, dass Impfen unglaublich sicher ist und man keine eigenen Sicherheitsstudien braucht. Das sind meist die Ergebnisse dieser Konferenzen und Schmitt ist immer dabei.
Ehgartner: Bei der Erklärung zu den finanziellen Interessenskonflikten gibt die SIEVE-Gruppe an, dass sie von der Stiftung Präventive Pädiatrie finanziell unterstützt werden und es keine sonstige Förderquelle gibt.
Hartmann: Diese Stiftung ist zum Großteil von der Industrie finanziert, um Impfstoff-Studien zu machen.
Hier wird aber nur schwer eine Transparenz zu schaffen sein. Gerade auch im Umfeld der STIKO ist das aber wirklich bedenklich: Ein STIKO-Vorsitzender, der bei einer Institution beschäftigt ist, die aus der Industrie finanziert wird. Das ist ja absurd. Wie soll der unbefangen im Auftrag des Gesundheitsministeriums entscheiden, welche Impfung aus medizinischen Gründen sinnvoll und notwendig ist? An so einer Impfempfehlung der STIKO hängen ja für die Industrie Milliardenumsätze dran. Wenn so jemand – auch nur teilweise von der Industrie bezahlt wird, so ist das absurd.
Ehgartner: Die Empfehlung für den HPV-Impfstoff brachte Gardasil (Anm: das erste zugelassene Produkt) im heurigen Jahr schon Umsätze von fast einer halben Milliarde und wurde vom Fleck weg zum bestverkauften Arzneimittel in Deutschland…
Hartmann: Diese ganz starke Lobbyarbeit des Herstellers gab es auch schon in den USA. Die wollten einführen, dass jedes Mädchen gezwungen wird, sich impfen zu lassen. Das ist wohl etwas am wackeln, weil eine Menge unerwünschter Reaktionen inklusive drei Todesfällen im Meldesystem aufgetaucht sind. Die Verpflichtung kippt wahrscheinlich.
Ehgartner: Es wurde in den letzten Jahren auch fast jeder Gynäkologen Kongress finanziell gesponsert.
Hartmann: Dabei sind die Gynäkologen noch am skeptischsten gegenüber HPV, weil sie ihre eigene Zervix-Vorsorge ein bisschen in Gefahr sehen, die ja eine ihrer Einkunftsquellen ist.
Ehgartner: Das PAP Screening steht in Deutschland nicht unbedingt zum besten. Trotz einer relativ hohen Test-Frequenz ist der Rückgang der Krebszahlen nicht so gut wie in anderen Ländern.
Hartmann: Das kann man ja verbessern. Wir müssen die Vorsorge weiterlaufen lassen, weil ja auch nicht alle krebserregenden Viren durch die Impfung abgedeckt werden. Das ist aber schwierig, weil viele Leute sagen werden: Na, ich bin ja geimpft – jetzt geh ich nicht mehr zur Vorsorge. Es ist sogar möglich, dass wir über diesen Effekt ein Ansteigen der Zervix-Krebsrate bekommen.
Ehgartner: Wie stehen Sie zur Empfehlung der allgemeinen Windpockenimpfung, die nun schon einige Jahre gilt?
Hartmann: Das ist auch reines Pharma-Marketing. Da müssen Sie schon lange suchen, bis Sie ein Kind finden, dass durch eine Windpocken-Erkrankung einen schweren Schaden davon trägt.
Die Kinderärzte sagten, man könne ja gegen vieles impfen. Aber doch nicht gegen Windpocken. „So ein Kind muss doch auch mal irgendwie eine Art von normaler Krankeit durchmachen, dass sein Organismus das mal kennen lernt. Und da sind die Windpocken ideal.“
Also kam das Argument, man müsse das volkswirtschaftlich sehen, durch die Reduktion der Pflegetage der Eltern, hieß es, zahlt sich das aus.
Und jetzt wird’s von den Herstellern bald nur noch den Vierfach-Impfstoff (Anm: Kombi gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken) am Markt geben. Sie werden bald keinen anderen mehr kriegen. Und dann müssen alle gegen Windpocken impfen.
Ehgartner: Wie ist hier die Position des PEI?
Hartmann: Die machen keine Empfehlungen, das macht nur die STIKO am Robert Koch Institut in Berlin. Die STIKO ist völlig autark. Die Personen werden vom Ministerium ausgewählt. Das sind verdiente Leute, die sich ums Impfen einen Namen gemacht haben. Das PEI prüft nur die Zulassungsanträge und macht die Risikoüberwachung.
Ehgartner: Eigentlich müsste hier von der Gesundheitsministerin eine Offensive ausgehen, um endlich die wirkliche Unabhängigkeit der STIKO zu gewährleisten.
Hartmann: Ja, auf jeden Fall. Es gibt ja auch eine Menge Kritik. Das Ministerium ist jedenfalls informiert.
Ehgartner: In Österreich haben wir ein Nebenwirkungs-Meldesystem bei Impfstoffen, das den Namen nicht verdient. Wie steht es damit in Deutschland?
Hartmann: Das dient eher zur Beruhigung und zum Vorzeigen. Das ist in Wahrheit aber völliger Humbug. Die Melderate ist gering. Die Ärzte sind recht schlecht über mögliche Impfreaktionen aufgeklärt. Sie wissen auch gar nicht, dass es beispielsweise zeitverzögerte autoimmune Komplikationen nach Impfungen geben kann. Davon haben die nie gehört. Sie melden so etwas nicht. Und nun haben wir große Computer stehen und hochvernetzte Experten, die die Meldungen verarbeiten könnten, aber es kommt nichts. Und da ist auch kein Interesse erkennbar, hier an dieser Input-Seite etwas zu tun. Denn da müssten sie ja mal etwas Aufklärung bei der Ärzteschaft machen, was es für seltene Komplikationen gibt, auf was man achten muss und was man wirklich melden muss. Auch Sachen, die man selber gar nicht zuordnen kann. Man müsste der Ärzteschaft auch vermitteln, dass sich niemand blamiert, der eine Meldung an das Amt schickt, von einem Vorfall den man nicht versteht. Denn genau das müsste gemeldet werden. Wir sind jedenfalls weit entfernt davon, dass wir auf Grund der jetzigen Meldepraxis wissenschaftlich gültige Aussagen machen könnten.
Ehgartner: Wie wird denn so ein Nebenwirkungsverdacht in der Praxis im Normalfall behandelt?
Hartmann: Der erste Weg des Arztes, wenn er nicht weiter weiß, führt normalerweise zu dem Referenten der Pharmafirma, der immer zu ihm kommt und ihn berät. Und der sagt dann vielleicht: „Ach ne, Quatsch, sowas haben wir in den Studien nie gesehen, das hat mit der Impfung nichts zu tun.“ Und dann ist das Problem ausdiskutiert. So ist die Praxis. Das läuft in Deutschland hanebüchen schlecht.
Und wenn man ein wenig versucht, darauf hinzuweisen, dann kommt der Prof. Schmitt und erzählt, dass moderne hochgereinigte Impfstoffe überhaupt keine Nebenwirkungen mehr machen.
Ehgartner: Bei Hexavac (Anm: im Herbst 2005 vom Markt genommener Sechsfach-Impstoff für Säuglinge) kam die Mehrzahl der Todesfälle, die zur Einleitung einer Untersuchung führten, von einem einzigen Arzt
Hartmann: Ja vom Pathologen Prof. Randolph Penning vom Institut für Rechtsmedizin in München. Der hat die Kinder obduziert, der hat die Gehirne gesehen. Ich habe mit ihm noch telefoniert. Er sagte, so ein Gehirn habe ich echt noch nicht gesehen. Das war so massiv geschwollen, einen Tag nach der Hexavac Impfung. Und er hat das auch publiziert. Da gab es einen Skandal drum. Er wurde angegriffen. Auch von Schmitt und anderen industrienahen Wissenschaftlern. Den haben sie so runter gemacht: dass er eigentlich gar keine Ahnung hätte von Pathologie. Er hat dann noch eine Publikation gemacht, sich verteidigt und ist bei seiner Meinung geblieben: dass das eben Komplikationen von Hexavac waren.
Der Münchner Epidemiologe Rüdiger von Kries fand dann auch das signifikante Signal im zweiten Lebensjahr. Da war dann auch das Geschrei groß: signifikantes Risiko für Tod, das kann doch wohl nicht sein. Es war aber so.
Und dann ist Hexavac ja verschwunden. Kurz nachdem eine Studie von RKI und PEI initiiert wurde zur genauen Untersuchung aller Todesfälle im ersten und zweiten Lebensjahr (Anm: dabei handelt es sich um die Token-Studie). Drei Wochen danach wurde Hexavac vom Markt genommen unter einem völlig an den Haaren herbeigezogenen Vorwand. Irgendwas muss man ja sagen, warum es den Impfstoff nicht mehr gibt. Und da sagte man eben etwas von der Langzeitwirksamkeit der Hepatitis B Komponente. Die sei nicht gewährleistet gewesen. Eine ganz komische Begründung.
Ich denke, wenn die Studie vorbei ist, Ende 2008 und gezeigt hat, dass beim zweiten Sechsfach Impfstoff Infanrix kein Risiko zu erkennen ist, dann wird auch Hexavac vermutlich wieder auftauchen: mit verbesserter Langzeit-Wirkung gegen Hepatitis B.
Ehgartner: Der Cochrane-Impfexperte Tom Jefferson wunderte sich im Gespräch mit mir, warum beim Impfen so eigene wissenschaftliche Gesetze herrschen, warum hier so eine penetrante Sorglosigkeit an den Tag gelegt wird. Was ist ihre Meinung dazu?
Hartmann: Sehen Sie mal die wirtschaftliche Seite. Das ist ja kein Nischenbereich mehr, so wie früher. Das ist ja inzwischen eines der ganz großen Geschäfte geworden. Sie haben einen Markt, der ist ganz anders als bei anderen Arzneimitteln. Sie haben keinen generischen Wettbewerb. Sie haben einen Patentschutz der läuft ewig, wenn sie einen Impfstoff entwickelt haben. Sie haben eine relativ unproblematische Zulassung, müssen ja nur die Antikörpertiter nachweisen und keine klinische Wirksamkeit. Sie brauchen keine langfristig angelegten Endpunkt-Studien, wie für ein Herz-Kreislauf-Mittel. Da muss man ja wirklich zeigen, dass man weniger Herzinfarkte hat. Das ist ja beim Impfen alles nicht.
Ehgartner: Man muss auch keine Placebo kontrollierten Studien machen, weil das unethisch wäre…
Hartmann: Genau. Das sind alles so Dinge, die sind relativ einfach. Die Zulassung, da haben Sie so einen massiv voreingenommenen Schmitt, der da eine Empfehlung organisiert. Da wird so viel Geld damit verdient, dass dieses System auch mit Absicht so gepflegt wird. Und da fließt auch mit Sicherheit einiges an Geld rein, dass das immer weiter so läuft. Da können Sie ganz sicher sein, dass das kein Zufall ist. Das ist ein sehr durchdachtes System. Und jeder, der da ein bisschen dagegen angeht, dem wird auch massiv wissenschaftlich der Ruf geschädigt.
Ehgartner: Tom Jefferson sagte, es wird ein sehr unangenehmer Druck aufgebaut, bis hin zu massiven Drohungen.
Hartmann: Ja, wenn Sie etwas Kritisches sagen, dann können Sie fest davon ausgehen. Schädigung des wissenschaftlichen Rufes ist da wohl noch die feinste Variante. Man will sich dieses Geschäft nicht so einfach madig machen lassen.
Ehgartner: Haben Sie selbst diesbezüglich schon mal Probleme bekommen?
Hartmann: Nein. Ich fordere halt bei jeder Gelegenheit, dass man für eine neue Impfung langfristig angelegte Sicherheitsstudien mitlaufen lassen muss. Damit man sieht, ob die Geimpften einen Vorteil gegenüber den Nicht-Geimpften haben. Und ob der Vorteil auch nach fünf oder zehn Jahren noch besteht. Das müsste man irgendwann mal machen, wenn man Daten haben will, die vernünftig sind. Wir werden sehen, vielleicht kommen ja noch die Zeiten, wo man so was wirklich machen muss.
Ehgartner: Einstweilen geht’s noch in die Gegenrichtung. Speziell auch wenn man sich ansieht, was mittlerweile als Placebo verwendet wird.
Hartmann: Bei Gardasil hat man die Aluminiumhydroxid-Lösung als Placebo genommen. Gerade jetzt, wo ja die Diskussion dahin geht, ob die Adjuvantien bei den unerwünschten Wirkungen eine mächtige Rolle spielen. Dass man also gar nicht sagen kann, ob das Problem mehr beim Antigen oder beim Adjuvans liegt. Und dann nimmt man das als Placebo und verkündet noch stolz: gegen Placebo ist der Impfstoff 100prozentig sicher. Das ist absurd. Wer so etwas genehmigt, der gehört nach Hause geschickt.
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