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Freitag, 14. März 2008
AIDS unterm Glassturz
malamud, 11:56h
Mir wird vom Wiener Arzt Wolfgang Maurer und anderen Personen in seinem Umfeld in penetranter und aggressiver Form unterstellt, ich sei "ein AIDS-Spinner", ich gehöre zu den Leuten die "die Existenz von HIV leugnen", oder ich sei "mitverantwortlich für den Tod von 300.000 AIDS-Toten(sic!)".
Derartige und ähnlich formulierte Aussagen werden in diversen Foren ständig wiederholt, auch wenn es meist in den Diskussionen und Beiträgen überhaupt nicht um das Thema HIV/AIDS geht.
Die Behauptungen werden einfach ad hoc hervorgeholt und haben demnach die Absicht, mich persönlich zu diffamieren.
Als Beleg wird angeführt, dass ich vor mehr als zehn Jahren die "AIDS-Spinner-Liste" der Gruppe Rethinking-AIDS unterzeichnet habe.
Ich leugne weder die Existenz von HIV noch jene von AIDS. Meine an mehreren Stellen vorgebrachten Entgegnungen blieben wirkungslos. Personen wie Wolfgang Maurer geht es überhaupt nicht um eine Diskussion, sondern sie freuen sich darüber, hier ein prima Totschlag-Argument zur Verfügung zu haben, das sie jederzeit einsetzen können, wenn eigene fachliche Argumente in Diskussionen fehlen oder scheitern.
Wer zu primitiver Verleumdung greift, um der fachlichen Diskussion auszuweichen, zeigt damit, wes Geistes Kind er ist.
Ich habe mehrfach kritische Beiträge zum Thema AIDS/HIV in meinen Büchern und Artikeln gebracht und gehe gerne noch einmal darauf ein.
Mich persönlich stört an der bisherigen Forschung vor allem, dass HIV meist isoliert von den Lebensumständen der Menschen als "Todesvirus" betrachtet und als einzige Krankheitsursache in den Mittelpunkt gestellt wird.
Warum bleibt AIDS in den Industrieländern fast ausschließlich auf die Risikogruppen beschränkt, dehnt sich in Afrika hingegen auf die Gesamtbevölkerung aus? Wer kann darauf eine wissenschaftlich fundierte Anwort geben? Verhält sich das Virus anders, je nachdem, in welchem Kontinent es sich aufhält?
Hier war ich immer recht nahe an der von Luc Montagnier geäußerten Ansicht, dass die Gefährlichkeit von HIV wesentlich durch Co-Faktoren verstärkt wird, die noch zu identifizieren und genauer zu erforschen seien.
Dem steht die US-amerikanische Schule der AIDS-Forschung mit ihren Spitzen Gallo und Fauci entgegen, die sich mit Milliardenaufwand auf das isolierte Virus stürzte.
Zitat von Anthony Fauci: "Who needs a co-factor, when you're hit by a freight train"
Insofern gefiel es mir ganz gut, dass Robert Gallo bei der Nobelpreis-Verleihung leer ausging. Gallo, der zu Beginn der Achziger Jahre mit höchst dubiosen Methoden die französische Entdeckung zu kapern versucht hatte und 1984 mit der Einführung eines kommerziellen Aids-Test startete, der eine abenteuerliche Fehlerquote hatte - und viele Menschen fälschlicherweise mit einem Quasi-Todesurteil konfrontierte.
(Bis hierher ist der Artikel eine Aktualisierung, vorgenommen am 19. 12. 08).
Vergangenes Jahr habe ich einen Artikel zur Problematik geschrieben, in dem ich die Kritik an vielen Teilbereichen der AIDS-Forschung präzisiere. Er ist hier nachzulesen:
http://www.news.at/profil/index.html?/articles/0721/560/174173.shtml
Beim Interview mit einer moslemischen Frau und zweifachen Mutter in einer Blechhütte im Slum Mukuru, Nairobi.
Und hier eine Stellungnahme, die ich zur anschließenden Diskussion um den Artikel auf http://www.sciblog.at/ veröffentlicht habe:
Im Kern gings in dem Artikel um drei Thesen:
• Das häufig von AIDS-Organisationen prophezeite Überschwappen der Epidemie auf die heterosexuelle Bevölkerung findet (in den Industrieländern) nicht statt und wird auch nie stattfinden.
• Die AIDS-Katastrophe in Afrika und Asien wird (z.B. von US-amerikanischen fundamentalen Glaubensgruppen) zur Missionierung der Entwicklungsländer mit moralischen Botschaften (Treue! Enthaltsamkeit!) missbraucht. AIDS als flammendes Schwert der neuen Kreuzritter.
• Die Versorgung von Abermillionen Patienten mit antiretroviralen Medikamenten ist zweifellos ein gutes Geschäft für die Hersteller dieser Präparate und beschäftigt unzählige Mitarbeiter diverser Hilfsorganisationen. Mit Sicherheit ist die pure Medikamentenabgabe aber nicht dazu geeignet, die gesundheitlichen Probleme von Menschen nachhaltig zu verbessern, die unter katastrophalen hygienischen und sozialen Bedingungen z.B. in den Slums der Großstädte Afrikas oder Asiens hausen. Zudem sind die Nebenwirkungen der HAART Drugs enorm und in ihren Langzeit-Konsequenzen nicht wissenschaftlich erforscht. Gerade unter Dritte-Welt-Verhältnissen ohne ausreichendes Monitoring (viral load, CD4 T-cell counts, etc.) und bei problematischer Compliance erscheint die Ansicht extrem blauäugig, dass diese Drugs in der Dauertherapie „jedenfalls mehr nützen als schaden“.
In den meisten Bereichen der Medizin könnte man über diese Thematik offen und vorurteilsfrei diskutieren. Bei AIDS geht das nicht.
Da schwappt gleich die Empörung hoch.
Alle Medien fühlen eine selbstverständliche Verpflichtung zur Aufklärung im Dienste der guten Sache. Und zwar – mit folgender stets gleich bleibenden Grundmessage:
„AIDS ist eine fürchterliche Krankheit, die schon Millionen Todesopfer gefordert hat. Viel Positives wurde schon geleistet aber eine Menge ist noch zu tun. Deshalb braucht es weiterhin die strikte
1) Vermeidung von Risikoverhalten und
2) noch mehr Geld für Aidshilfe, Medikamente und Wissenschaft“
Unausgesprochen, aber geradezu selbstverständlich gilt die Pflicht, die nicht so tollen Aspekte dieser „weltweiten Kampagne“ auszublenden. Und gerade wir Wissenschaftsjournalisten, denke ich, lassen uns hier manchmal allzu leicht einspannen.
Ich weiß schon, dass wir es hier mit einem seltsamen Konglomerat zu tun haben, wo die wüstesten Thesen kursieren und man sich rasch in seltsamer Gefolgschaft befindet, wenn man öffentlich eine kritische Haltung vertritt: mit Leuten, die die Existenz von HIV komplett abstreiten bis zu Verschwörungsfreaks, die AIDS als gesteuerte Kampagne der CIA darstellen.
Dennoch kann das nicht bedeuten, dass eine Wissenschafts-Sparte automatisch unterm Glassturz steht, egal was sie zustande bringt. Eine Science-Community, die es sich in einem schier unendlichen Wasserbett aus Förderungen bequem gemacht hat und seit 25 Jahren emsig an einem einzigen Virus herum forscht. Sie haben HIV nun brav in alle Einzelteile zerlegt und jeder Mechanismus und Submechanismus seiner Existenz ist auf Sabotiertauglichkeit geprüft worden.
Doch was haben wir als Resultat?
Eine Therapie, die zwar die HIV-bedingte Sterblichkeit seit Einführung der HAART zur Mitte der 90er Jahre deutlich reduzieren konnte, dabei gleichzeitig aber so belastend auf den Organismus wirkt, dass dieser Vorteil durch eine höhere Herz- und Krebs-bedingte Mortalität wieder verloren geht. Dass „HAART and the Heart“ eine ungesunde Mischung ist, warnen die Mediziner schon seit Jahren. Und es ist jetzt schon absehbar, dass die gesundheitliche Belastung durch die Nebenwirkungen der Therapie von Jahr zu Jahr weiter ansteigt.
Aktuelle Analysen siehe z.B. hier:
http://www.annals.org/cgi/content/abstract/145/6/397
oder hier:
http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140673606691526/abstract
Heute bietet HIV/AIDS ein Krankheitsbild, als wäre es von einem genialen Superschurken in den Gruselphantasiekabinetts der bösen Pharmamultis entworfen worden:
• Keine Heilung ist möglich, jeder Patient bleibt bis ans Lebensende in dauerhafte Abhängigkeit von teuren Medikamenten
• Diese Medikamente werden ständig resistent, damit ergibt sich die Notwendigkeit begleitender Neuentwicklung unter Abkassieren der Forschungsetats – neue Medikamente werden wegen der Dringlichkeit meist „fast-track“ zugelassen.
• Der tödliche Ruf der Krankheit erlaubt die riskantesten Therapien, Therapiefehler fallen wegen der enormen Mortalität kaum auf
• Die objektive Prüfung der Therapien über randomisierte placebokontrollierte Studien ist nicht möglich, weil Placebogruppen ethisch nicht verantwortbar wären und auch von keiner Ethikkommission bewilligt würden
• Es gibt bei AIDS keine Tradition, keine Naturheilmittel oder überlieferten Hausrezepte. Nicht mal fachferne Mediziner können in der HIV/AIDS-Science wirklich mitreden, weil im Lauf der Jahre ein ungeheuer komplexes Thesengebäude mit eigenem Fachvokabular, eigenen Diagnostika und hochkomplizierter Therapie-Schemata entstanden ist. Das erspart Einmischung von außen – die Community bleibt unter sich.
Kein Wunder, wenn so was die Verschwörungstheorien zum Erblühen bringt.
Insgesamt ist das Krankheitsbild HIV/AIDS so etwas wie die Apotheose der Monokausalität: DAS Supervirus ist an allem schuld. Es ist derart gefinkelt und bösartig, dass die klügsten Forscherhirne es nicht zu fassen vermögen. „Das einzige, was man diesem Virus bisher noch nicht nachgesagt hat, ist, dass es singt “, formulierte es einmal ein Wissenschaftler.
Und vor lauter Fokus auf das Virus sieht die Wissenschaft nicht mehr was links und rechts davon vor sich geht.
Ist es nicht gerade die Pflicht von uns Fachjournalisten, gegenzusteuern, wenn den Wissenschaftlern die Begeisterung über ihren isolierten Forschungsgegenstand durchzugehen droht und darzustellen, dass ein Phänomen in der Medizin selten durch einen einzigen Parameter erklärt wird – außer wenn uns ein lockerer Dachziegel auf den Kopf fällt?
Wer kann denn wirklich schlüssig erklären, warum sich HIV plötzlich anders verhält – je nachdem, ob sich die Viren in Europa oder in Afrika befinden? Wieso sind hier nach wie vor die bekannten Risikogruppen (promiske Homosexuelle und IV-Drogensüchtige) dort aber die Normalbevölkerung betroffen? Vor allem wenn sie unter desaströsen Bedingungen lebt?
Wem nützt die nahezu vollständige Fokussierung von Wissenschaft, Politik und Hilfsorganisationen auf die Medikamenten-Therapie wirklich?
Läuft nicht gewaltig etwas schief, wenn die UN unter dem Einfluss der HIV-AIDS Experten die weltweite Empfehlung rausgeben, dass HIV-positive Mütter ihre Säuglinge nicht stillen sollen, um sie vor den bösen Viren zu schützen.
Und dann zeigt sich in gleich drei aktuellen Studien – dass die Babys ein doppelt so hohes Sterberisiko haben, wenn sie nach dieser Richtlinie mit Flaschennahrung gefüttert werden.
Und dass sogar das Risiko, dass sie HIV-positiv sind um ein Vielfaches höher ist, wenn sie NICHT gestillt werden.
http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140673607602839/fulltext
Wie ist es möglich, dass eine Wissenschaft so daneben haut und ihr eigenes Fachgebiet so schlecht versteht? Und dann auch noch die Warnungen der Experten ignoriert und damit weiter Menschenleben gefährdet http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140673606695147/fulltext
http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140673606695147/comments?action=view&totalComments=1#678
Aids ist längst ein Milliardengeschäft geworden, in dem es um Vieles geht. Unter anderem auch um das Wohl der Patienten. Doch dieser Aspekt gerät zunehmend in den Hintergrund. Immer stärker wird hingegen der Eindruck, dass auf den großen Aids-Weltkongressen längst schon das Lobbying diverser Interessensverbände im Zentrum steht und weiten Vorrang vor Evidenz basierter Medizin genießt.
Wir sollten uns dieser Tatsachen bewusst sein und uns nicht fesseln und einlullen lassen, von den immer penetranter werdenden Appellen der AIDS-Lobbyisten zu kritikloser Solidarität.
Derartige und ähnlich formulierte Aussagen werden in diversen Foren ständig wiederholt, auch wenn es meist in den Diskussionen und Beiträgen überhaupt nicht um das Thema HIV/AIDS geht.
Die Behauptungen werden einfach ad hoc hervorgeholt und haben demnach die Absicht, mich persönlich zu diffamieren.
Als Beleg wird angeführt, dass ich vor mehr als zehn Jahren die "AIDS-Spinner-Liste" der Gruppe Rethinking-AIDS unterzeichnet habe.
Ich leugne weder die Existenz von HIV noch jene von AIDS. Meine an mehreren Stellen vorgebrachten Entgegnungen blieben wirkungslos. Personen wie Wolfgang Maurer geht es überhaupt nicht um eine Diskussion, sondern sie freuen sich darüber, hier ein prima Totschlag-Argument zur Verfügung zu haben, das sie jederzeit einsetzen können, wenn eigene fachliche Argumente in Diskussionen fehlen oder scheitern.
Wer zu primitiver Verleumdung greift, um der fachlichen Diskussion auszuweichen, zeigt damit, wes Geistes Kind er ist.
Ich habe mehrfach kritische Beiträge zum Thema AIDS/HIV in meinen Büchern und Artikeln gebracht und gehe gerne noch einmal darauf ein.
Mich persönlich stört an der bisherigen Forschung vor allem, dass HIV meist isoliert von den Lebensumständen der Menschen als "Todesvirus" betrachtet und als einzige Krankheitsursache in den Mittelpunkt gestellt wird.
Warum bleibt AIDS in den Industrieländern fast ausschließlich auf die Risikogruppen beschränkt, dehnt sich in Afrika hingegen auf die Gesamtbevölkerung aus? Wer kann darauf eine wissenschaftlich fundierte Anwort geben? Verhält sich das Virus anders, je nachdem, in welchem Kontinent es sich aufhält?
Hier war ich immer recht nahe an der von Luc Montagnier geäußerten Ansicht, dass die Gefährlichkeit von HIV wesentlich durch Co-Faktoren verstärkt wird, die noch zu identifizieren und genauer zu erforschen seien.
Dem steht die US-amerikanische Schule der AIDS-Forschung mit ihren Spitzen Gallo und Fauci entgegen, die sich mit Milliardenaufwand auf das isolierte Virus stürzte.
Zitat von Anthony Fauci: "Who needs a co-factor, when you're hit by a freight train"
Insofern gefiel es mir ganz gut, dass Robert Gallo bei der Nobelpreis-Verleihung leer ausging. Gallo, der zu Beginn der Achziger Jahre mit höchst dubiosen Methoden die französische Entdeckung zu kapern versucht hatte und 1984 mit der Einführung eines kommerziellen Aids-Test startete, der eine abenteuerliche Fehlerquote hatte - und viele Menschen fälschlicherweise mit einem Quasi-Todesurteil konfrontierte.
(Bis hierher ist der Artikel eine Aktualisierung, vorgenommen am 19. 12. 08).
Vergangenes Jahr habe ich einen Artikel zur Problematik geschrieben, in dem ich die Kritik an vielen Teilbereichen der AIDS-Forschung präzisiere. Er ist hier nachzulesen:
http://www.news.at/profil/index.html?/articles/0721/560/174173.shtml
Beim Interview mit einer moslemischen Frau und zweifachen Mutter in einer Blechhütte im Slum Mukuru, Nairobi.
Und hier eine Stellungnahme, die ich zur anschließenden Diskussion um den Artikel auf http://www.sciblog.at/ veröffentlicht habe:
Im Kern gings in dem Artikel um drei Thesen:
• Das häufig von AIDS-Organisationen prophezeite Überschwappen der Epidemie auf die heterosexuelle Bevölkerung findet (in den Industrieländern) nicht statt und wird auch nie stattfinden.
• Die AIDS-Katastrophe in Afrika und Asien wird (z.B. von US-amerikanischen fundamentalen Glaubensgruppen) zur Missionierung der Entwicklungsländer mit moralischen Botschaften (Treue! Enthaltsamkeit!) missbraucht. AIDS als flammendes Schwert der neuen Kreuzritter.
• Die Versorgung von Abermillionen Patienten mit antiretroviralen Medikamenten ist zweifellos ein gutes Geschäft für die Hersteller dieser Präparate und beschäftigt unzählige Mitarbeiter diverser Hilfsorganisationen. Mit Sicherheit ist die pure Medikamentenabgabe aber nicht dazu geeignet, die gesundheitlichen Probleme von Menschen nachhaltig zu verbessern, die unter katastrophalen hygienischen und sozialen Bedingungen z.B. in den Slums der Großstädte Afrikas oder Asiens hausen. Zudem sind die Nebenwirkungen der HAART Drugs enorm und in ihren Langzeit-Konsequenzen nicht wissenschaftlich erforscht. Gerade unter Dritte-Welt-Verhältnissen ohne ausreichendes Monitoring (viral load, CD4 T-cell counts, etc.) und bei problematischer Compliance erscheint die Ansicht extrem blauäugig, dass diese Drugs in der Dauertherapie „jedenfalls mehr nützen als schaden“.
In den meisten Bereichen der Medizin könnte man über diese Thematik offen und vorurteilsfrei diskutieren. Bei AIDS geht das nicht.
Da schwappt gleich die Empörung hoch.
Alle Medien fühlen eine selbstverständliche Verpflichtung zur Aufklärung im Dienste der guten Sache. Und zwar – mit folgender stets gleich bleibenden Grundmessage:
„AIDS ist eine fürchterliche Krankheit, die schon Millionen Todesopfer gefordert hat. Viel Positives wurde schon geleistet aber eine Menge ist noch zu tun. Deshalb braucht es weiterhin die strikte
1) Vermeidung von Risikoverhalten und
2) noch mehr Geld für Aidshilfe, Medikamente und Wissenschaft“
Unausgesprochen, aber geradezu selbstverständlich gilt die Pflicht, die nicht so tollen Aspekte dieser „weltweiten Kampagne“ auszublenden. Und gerade wir Wissenschaftsjournalisten, denke ich, lassen uns hier manchmal allzu leicht einspannen.
Ich weiß schon, dass wir es hier mit einem seltsamen Konglomerat zu tun haben, wo die wüstesten Thesen kursieren und man sich rasch in seltsamer Gefolgschaft befindet, wenn man öffentlich eine kritische Haltung vertritt: mit Leuten, die die Existenz von HIV komplett abstreiten bis zu Verschwörungsfreaks, die AIDS als gesteuerte Kampagne der CIA darstellen.
Dennoch kann das nicht bedeuten, dass eine Wissenschafts-Sparte automatisch unterm Glassturz steht, egal was sie zustande bringt. Eine Science-Community, die es sich in einem schier unendlichen Wasserbett aus Förderungen bequem gemacht hat und seit 25 Jahren emsig an einem einzigen Virus herum forscht. Sie haben HIV nun brav in alle Einzelteile zerlegt und jeder Mechanismus und Submechanismus seiner Existenz ist auf Sabotiertauglichkeit geprüft worden.
Doch was haben wir als Resultat?
Eine Therapie, die zwar die HIV-bedingte Sterblichkeit seit Einführung der HAART zur Mitte der 90er Jahre deutlich reduzieren konnte, dabei gleichzeitig aber so belastend auf den Organismus wirkt, dass dieser Vorteil durch eine höhere Herz- und Krebs-bedingte Mortalität wieder verloren geht. Dass „HAART and the Heart“ eine ungesunde Mischung ist, warnen die Mediziner schon seit Jahren. Und es ist jetzt schon absehbar, dass die gesundheitliche Belastung durch die Nebenwirkungen der Therapie von Jahr zu Jahr weiter ansteigt.
Aktuelle Analysen siehe z.B. hier:
http://www.annals.org/cgi/content/abstract/145/6/397
oder hier:
http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140673606691526/abstract
Heute bietet HIV/AIDS ein Krankheitsbild, als wäre es von einem genialen Superschurken in den Gruselphantasiekabinetts der bösen Pharmamultis entworfen worden:
• Keine Heilung ist möglich, jeder Patient bleibt bis ans Lebensende in dauerhafte Abhängigkeit von teuren Medikamenten
• Diese Medikamente werden ständig resistent, damit ergibt sich die Notwendigkeit begleitender Neuentwicklung unter Abkassieren der Forschungsetats – neue Medikamente werden wegen der Dringlichkeit meist „fast-track“ zugelassen.
• Der tödliche Ruf der Krankheit erlaubt die riskantesten Therapien, Therapiefehler fallen wegen der enormen Mortalität kaum auf
• Die objektive Prüfung der Therapien über randomisierte placebokontrollierte Studien ist nicht möglich, weil Placebogruppen ethisch nicht verantwortbar wären und auch von keiner Ethikkommission bewilligt würden
• Es gibt bei AIDS keine Tradition, keine Naturheilmittel oder überlieferten Hausrezepte. Nicht mal fachferne Mediziner können in der HIV/AIDS-Science wirklich mitreden, weil im Lauf der Jahre ein ungeheuer komplexes Thesengebäude mit eigenem Fachvokabular, eigenen Diagnostika und hochkomplizierter Therapie-Schemata entstanden ist. Das erspart Einmischung von außen – die Community bleibt unter sich.
Kein Wunder, wenn so was die Verschwörungstheorien zum Erblühen bringt.
Insgesamt ist das Krankheitsbild HIV/AIDS so etwas wie die Apotheose der Monokausalität: DAS Supervirus ist an allem schuld. Es ist derart gefinkelt und bösartig, dass die klügsten Forscherhirne es nicht zu fassen vermögen. „Das einzige, was man diesem Virus bisher noch nicht nachgesagt hat, ist, dass es singt “, formulierte es einmal ein Wissenschaftler.
Und vor lauter Fokus auf das Virus sieht die Wissenschaft nicht mehr was links und rechts davon vor sich geht.
Ist es nicht gerade die Pflicht von uns Fachjournalisten, gegenzusteuern, wenn den Wissenschaftlern die Begeisterung über ihren isolierten Forschungsgegenstand durchzugehen droht und darzustellen, dass ein Phänomen in der Medizin selten durch einen einzigen Parameter erklärt wird – außer wenn uns ein lockerer Dachziegel auf den Kopf fällt?
Wer kann denn wirklich schlüssig erklären, warum sich HIV plötzlich anders verhält – je nachdem, ob sich die Viren in Europa oder in Afrika befinden? Wieso sind hier nach wie vor die bekannten Risikogruppen (promiske Homosexuelle und IV-Drogensüchtige) dort aber die Normalbevölkerung betroffen? Vor allem wenn sie unter desaströsen Bedingungen lebt?
Wem nützt die nahezu vollständige Fokussierung von Wissenschaft, Politik und Hilfsorganisationen auf die Medikamenten-Therapie wirklich?
Läuft nicht gewaltig etwas schief, wenn die UN unter dem Einfluss der HIV-AIDS Experten die weltweite Empfehlung rausgeben, dass HIV-positive Mütter ihre Säuglinge nicht stillen sollen, um sie vor den bösen Viren zu schützen.
Und dann zeigt sich in gleich drei aktuellen Studien – dass die Babys ein doppelt so hohes Sterberisiko haben, wenn sie nach dieser Richtlinie mit Flaschennahrung gefüttert werden.
Und dass sogar das Risiko, dass sie HIV-positiv sind um ein Vielfaches höher ist, wenn sie NICHT gestillt werden.
http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140673607602839/fulltext
Wie ist es möglich, dass eine Wissenschaft so daneben haut und ihr eigenes Fachgebiet so schlecht versteht? Und dann auch noch die Warnungen der Experten ignoriert und damit weiter Menschenleben gefährdet http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140673606695147/fulltext
http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140673606695147/comments?action=view&totalComments=1#678
Aids ist längst ein Milliardengeschäft geworden, in dem es um Vieles geht. Unter anderem auch um das Wohl der Patienten. Doch dieser Aspekt gerät zunehmend in den Hintergrund. Immer stärker wird hingegen der Eindruck, dass auf den großen Aids-Weltkongressen längst schon das Lobbying diverser Interessensverbände im Zentrum steht und weiten Vorrang vor Evidenz basierter Medizin genießt.
Wir sollten uns dieser Tatsachen bewusst sein und uns nicht fesseln und einlullen lassen, von den immer penetranter werdenden Appellen der AIDS-Lobbyisten zu kritikloser Solidarität.
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