Dienstag, 29. Januar 2008
Pap-Abstrich: Zeit für intelligentes Handeln
Der Pap-Abstrich gilt als Vorzeige-Modell einer sinnvollen Maßnahme zur Reduktion der Krebs-Sterblichkeit. Nur bei Magenkrebs gingen die Sterbezahlen in den letzten 30 Jahren ähnlich dramatisch zurück wie beim Zervix-Karzinom.

Dennoch gilt der Pap-Abstrich als ziemlich unzuverlässig. Führt häufig zu Krebs-Fehlalarm und unnötigen Eingriffen.
Zell-Veränderungen am Gebärmutterhals haben nämlich eine hohe Neigung zur Spontanheilung und es ist bei weitem nicht nötig, hier sofort chirurgisch einzugreifen.

Ein drastisches Beispiel dazu gab der Fall einer österreichischen Arzthelferin, der vor einigen Jahren Schlagzeilen machte: Die Frau brachte es nicht übers Herz den Patientinnen einen positiven Krebs-Befund auszuhändigen. Wenn also vom Labor nach Pap-Abstrich eine schlechte Nachricht kam, so ließ sie den Befund einfach in einer Schublade verschwinden.

Erst nach vielen Jahren flog die Arzthelferin auf und es wurde Strafanzeige erstattet.

Das erstaunliche war jedoch, dass kaum eine Patientin durch das kriminelle Vorgehen der Arzthelferin Schaden erlitten hatte. Sogar Krebsbefunde hatten sich - bei nochmaliger Einberufung der Patientinnen - in Luft aufgelöst.
Soweit ich mich erinnere, war nur bei einer einzigen Patientin ein (unkomplizierter) Eingriff nötig, alle anderen waren in der Zwischenzeit ausgeheilt und hatten sich eine Menge Mühsal, Todesangst und sonstige schwere Nebenwirkungen einer Krebstherapie erspart.

Indizien wie dieser deuten also darauf hin, dass die Gefahr einer Überdiagnose beim Pap-Abstrich groß ist.
Das letzte, was es allerdings braucht, ist eine Vorsorgeuntersuchung, von der selbst ein Risiko ausgeht.
Deshalb wäre es höchste Zeit für die Einführung einer möglichst intelligenten Strategie zur Früherkennung von Karzinom-Vorstufen.
Wenn Finnland, Schweden oder Großbritannien es beim Pap-Abstrich zustande bringen, mit einem Untersuchungsintervall von 3 bis 5 Jahren (!!!) eine nur etwa halb so hohe Krebs-Sterblichkeit zu erreichen, wie Deutschland oder Österreich, so sieht man ja, dass die Vielzahl der Abstriche und Operationen wohl nicht den Stein der Weisen darstellen.

Ich halte die Absicht der österr. BM Andrea Kdolsky, deshalb für löblich, hier mal den Status Quo zu analysieren und dann dem Beispiel der nördlichen Länder zu folgen.

Denn derzeit wird eine gesundheitsbewusste Minderheit von Frauen, die jährlich oder sogar halbjährlich zum Pap-Abstrich geht, der Gefahr der Überdiagnose mit völlig unnötigen Eingriffen ausgesetzt.

Jene Frauen aber, die ein wirklich erhöhtes Zervix-Karzinom-Risiko haben (Migrantinnen, Raucherinnen, niedrige Sozialschicht, häufig wechselnde Geschlechtspartner, Ältere) gehen meist gar nicht zum Pap-Abstrich und können sich auch keine Impfung leisten.

Es ist natürlich nicht damit getan, bloß die Untersuchungs-Intervalle zu vergrößern. In den nördlichen Ländern wurde intensiv in die Schulung der Fachkräfte bei der Abstrich-Abnahme investiert, ebenso in die Modernisierung der Labors sowie in eine bessere Interpretation der Befunde.

In Finnland, dem Land mit der niedrigsten Zervix-Karzinom-Rate werden die Abstriche übrigens meist von Krankenschwestern entnommen und nicht von Gynäkologen. Also von Nichtärzten - was Geld spart und scheinbar gleichzeitig die Qualität erhöht.

Man stelle sich den Aufschrei der Ärztekammer- und Gynäkologen-Vertreter vor, wenn so etwas bei uns diskutiert würde.

Von einem Aufschrei zur jetzigen beschämenden Qualität des Pap-Screenings las ich bisher von Seiten der Zunft-Sprecher hingegen nur wenig.

Denn es bringt ja in etwa dasselbe Geld, ob ich nun ein Drittel der Frauen öfters untersuche, oder alle Frauen bloß noch im Abstand von drei bis fünf Jahren.

Und wenn bloß Honorar und Trägheit das Gesetz des Handelns bestimmen, so werden lieber jene daueruntersucht, die von selber brav in die Ordination kommen.

So lange, bis das Screening (auf Grund falsch positiver Befunde) für diese Frauen ein größeres Gesundheitsrisiko darstellt als der Krebs.

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