Sonntag, 7. Dezember 2008
Verbieten wir die Vitamine!
vitamine.jpgDass Vitaminpillen und -zusätze kaum einen positiven Effekt haben, steht seit Jahren fest. Im aktuellen JAMA beweist nun abermals eine große Studie den fehlenden Nutzen. Einzig das Risiko für Hirnblutungen steigt signifikant. Warum entsorgen wir den Dreck nicht endlich?

Zu Beginn der 90er Jahre war die Vitaminwelt noch in Ordnung. Die so genannten „freien Radikale" waren als wichtige Auslöser von Arteriosklerose, Krebs und diversen Alterungsprozessen überführt worden.
Doch die Retter waren gleich mit identifiziert: die Vitamine A, C und E, die als „Radikalenfänger" ausschwärmen und die Blutgefäße und Zellwände vor den schädlichen Oxidationsprozessen schützen sollten, indem sie selber mit den freien Radikalen Verbindungen eingehen und auf diese Weise neutralisieren.
Ernährungswissenschafter und Ärztegesellschaften rieten deshalb zur vorbeugenden Vitaminkur, am besten über frisches Obst und Gemüse, fünf Portionen pro Tag.
„Daran hält sich aber in der Praxis nicht einmal ein Zehntel der Bevölkerung", klagten die Vitamin-Verfechter, und empfahlen Mitte der neunziger Jahre das Gießkannenprinzip: „Vitaminzusätze sollten so wie Impfungen der gesamten Bevölkerung verabreicht werden - auch jenen, die es sich nicht leisten können", formulierte es beispielsweise Lester Packer, führender Antioxidantien-Experte der Universität Berkeley/CA.
Wie die meisten seiner Kollegen hielt es Packer nicht für nötig, eine Obergrenze einzuziehen. Problematisch sei nur der Mangel: „Denn Antioxidantien sind selbst hundertfach über der empfohlenen Tagesdosis nicht giftig."
Die Presse verbreitete die Hoffnung der Experten mit euphorischen Berichten. Vitamine als Antioxidantien waren bald in aller Munde - meist in Form von Pillen und Mulitvitamin-Säften. Bis heute ist es ungeheuer mühsam, im Supermarkt Produkte einzukaufen, denen keine künstlichen Vitamine zugesetzt sind. Speziell bei Kinder-Nahrungsmitteln und bei Tiernahrung.

Und das obwohl die Vitamin-Euphorie mittlerweile längst als wissenschaftlicher Irrweg gilt. Unveränderte Jubellieder zur Vitaminkur kommen heute nur noch von dubiosen Geschäftemachern wie dem Vitaminguru Dr. Rath oder ähnlichen wissenschaftlichen Ignoranten.

In der Realität zeigen die Studien entweder gar keinen Effekt - oder einen negativen.

• Den Beginn machten die löblichen Ansätze, unverbesserlichen Rauchern mit Betacarotin Kapseln (Vitamin A) zumindest einen kleinen Teil des gesundheitlichen Schadens abzufangen. Dumm nur, dass das nicht funktionierte. Eine der Arbeiten musste sogar abgebrochen werden, weil die Raucher im Vitamin-Arm der Studie ein um 46 Prozent höheres Lungenkrebs-Risiko hatten, wie in der Kontrollgruppe mit Placebo-Pillen.

• Noch trister ist die Bilanz bei Vitamin E, das als große Hoffnung, sowohl für Diabetiker als auch zur Krebsvorsorge galt. Leider zeigte sich bei Diabetikern ein Nulleffekt - auch nach sieben Jahren Einnahme. Lediglich ihr Risiko auf eine unheilbare Herzschwäche stieg signifikant (Hope-Studie). In der Krebsvorsorge derselbe Nulleffekt. Und bei Patienten die bereits an Krebs erkrankt waren, kehrte sich die Therapie ins Gegenteil: Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren, denen nach der Strahlenbehandlung hohe Dosen Vitamin E verabreicht wurden, zeigten eine beinahe dreifach höhere Rate an Zweittumoren.

• Vitamin D Pillen wurden erfolglos zur Vorsorge gegen Knochenbrüche getestet (Record-Studie)

• B-Vitamine: Die im Sommer 2005 präsentierte norwegische NORVIT-Studie beobachtet seit 1998 knapp 3.800 Herzinfarkt-Patienten, die zur Infarktvorsorge die als herzschützende Stoffe geltenden Vitamine B6, B12 und Folsäure einnahmen oder eben ein Placebo bekamen. Keine der Vitaminkombinationen brachte den Teilnehmern Vorteile. Jene, die eine Kombination aus den Vitaminen B6 und Folsäure eingenommen hatten, hatten sogar ein um 20 Prozent höheres Risiko eines neuerlichen Infarkts oder Schlaganfalls.

• Am günstigsten ist die Bilanz noch bei Vitamin C. Hier zeigen sich zumindest keine auffälligen negativen Ergebnisse. Wir scheinen Vitamin C sogar in Hochdosen recht gut zu vertragen. Dünnpfiff sorgt notfalls für einen raschen Export. Und hier und da finden sich sogar vereinzelt positive Ergebnisse (z.B. bei Sportlern).

Die derzeit aktuellste Arbeit ist im Journal der amerikanischen Ärztegesellschaft (JAMA) erschienen.
Dabei handelt es sich um den Endbericht einer placebo-kontrollierten Studie, an der mehr als 14.000 männliche Ärzte teilnahmen, die zu Studienbeginn im Jahr 1997 mindestens 50 Jahre alt waren. Geprüft wurde die Frage, ob die regelmäßige Einnahme von Vitamin C bzw. Vitamin E - Präparaten günstige Auswirkungen auf die Vermeidung kardiovaskulärer Erkrankungen hat.
Die Antwort war in jeglicher Beziehung negativ. Weder weniger Herzinfarkte, noch weniger Schlaganfälle, noch ein geringeres Sterberisiko. Die beiden Vitamine lieferten sich beinahe einen Paarlauf. Kein einziges Ergebnis war signifikant.
Mit Ausnahme des Risikos auf Hirnblutungen. Hier wurde in der Vitamin E - Gruppe ein Risikoanstieg um 74 Prozent beobachtet.

Mittlerweile weiß man auch etwas mehr über die biologischen Zusammenhänge.
Vitamin E ist etwa ein sehr guter Radikalenfänger und senkt dadurch das Oxidationsrisiko in den Zellmembranen was als eine der Hauptursachen für Herzinfarkt und Schlaganfall gilt. Allerdings werden aus den intakten Vitamin E Molekülen nach getaner Arbeit selber Radikale, die z.B. bei der Oxidation des LDL-Cholesterins eine negative Rolle spielen können, vor allem bei zu hoher Dosierung. Und das ist bisher wohl unterschätzt worden.

Warum, frage ich mich, zeigen all diese Ergebnisse keinerlei Auswirkungen auf die Praxis?
Warum ist nach wie vor ein hoher Teil der Supermarkt-Ware Vitamin-verseucht?
Warum greifen hier die Behörden nicht ein?

Verbieten wir doch endlich die - im besten Fall sinnlosen, oft aber gesundheitsschädlichen - künstlichen Vitamine.

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Montag, 10. März 2008
Diät mit hohem GI fördert nicht nur Diabetes, sondern auch Krebs
Bislang gab es von den Ernährungsgesellschaften zum Wert des "Glykämischen Index" eher widersprüchliche Empfehlungen.
Zwar wurde der GI in die Richtlinien für Diabetiker aufgenommen - mit dem Rat, möglichst wenig Nahrungsmittel mit hohem GI zu essen, in den allgemeinen Empfehlungen spielt der GI jedoch keine große Rolle.

Das wurde damit begründet, dass es für Konsumenten relativ kompliziert sei, den GI eines Nahrungsmittels halbwegs korrekt einzuschätzen.

Möglicherweise hat diese Zurückhaltung aber auch damit zu tun, dass die Ernährungsgesellschaften jahrelang eine "Low-Fat-Ideologie" gepredigt haben und nun vor einer allzu drastischen Kehrtwende hin zu "Low-Carb" zurückschrecken. Das könnte ja als Hinweis gesehen werden, dass zuvor wissenschaftlicher Unfug empfohlen wurde.

Immer häufiger zeigen sich nun jedoch Belege dafür, dass dieser Vorwurf nicht ganz zu unrecht besteht.

Hier beispielsweise, in einer soeben veröffentlichten Metaanalyse der wichtigsten 37 Studien zum Thema:

"Eating foods the body quickly converts into blood glucose - such as highly processed breakfast cereals and most white breads - leads to a greater risk of diabetes, heart disease and some types of cancer.

In the world's first study of its kind, University of Sydney researchers have found conclusive evidence that diets with a high GI (Glycemic Index - a measure of how different foods affect your blood glucose levels) leads to a higher risk of common lifestyle diseases."

http://www.news-medical.net/?id=36017

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