Montag, 23. Februar 2009
Who pays the piper calls the tune
…lautet ein altes englisches Sprichwort. Auf deutsch heißt das etwas weniger elegant formuliert: "Wer zahlt, schafft an!" Dieses kaufmännische Prinzip macht auch der Evidenz-basierten Medizin schwer zu schaffen. Denn die darin postulierten "harten" Beweise werden oftmals durch die Hintertür korrumpiert, wie nun eine originelle Arbeit von Mitarbeitern der Cochrane Collaboration zeigte.

collage von medizinischen journals

Als einer der Beweise für die Qualität einer Studie wird gemeinhin der "Rang" des Journals angesehen, in der eine Studie veröffentlicht wird. Hierzu gibt es eigene Rankings, die mit Impact Factoren arbeiten.
Dieser Parameter soll messen, wie oft andere Zeitschriften einen Artikel aus einem bestimmten Fachjournal in Relation zur Gesamtzahl der dort veröffentlichten Artikel zitieren. Die Idee ist: je höher der Impact Factor, desto angesehener ist eine Fachzeitschrift. Dies wirkt sich auch auf die akademische Beurteilung von Wissenschaftlern aus: wer in Zeitschriften mit höherem Impact Factor publiziert, hat größere Karrierechancen.

Tom Jefferson, der Koordinator der Cochrane Vaccine Field hat mit seinem Team nun mal nachgesehen, was dieses interne Gütesiegel in der Praxis tatsächlich taugt. Er konzentrierte sich dafür auf einen bestimmten Themenbereich und wählte für seine Analyse 274 Papers aus, die sich mit verschiedenen Aspekten der Influenza-Impfung befassen. Er untersuchte diese Arbeiten auf ihre methodologische Qualität, auf das Prestige der Journals, in denen sie publiziert wurden, sowie auf die Zitierhäufigkeit.
Seine Ergebnisse sind Mitte Februar im British Medical Journal erschienen und sie haben es wirklich in sich. Denn als Qualitätsmaßstab versagte das "Ansehen" eines Journals vollständig. Ebenso die Zitierhäufigkeit.

Als genereller Trend ergab sich, dass Studien zur Grippeimpfung generell von nur mäßiger methodologischer Qualität sind. Das Niveau sinkt um so weiter ab, je günstiger das Urteil für die Grippeimpfung ausfällt.
Die schlechtesten Studien zeigen also die besten Ergebnisse der Influenza-Vorsorge.

Das bedeutete nun aber nicht, dass derartiger wissenschaftlicher Schwachsinn nur noch im "Rupoldinger Kurpfuscher-Blattl" eine Chance hätte. Ganz und gar nicht.
Welches Journal die Studie druckte, hing einzig davon ab, wie finanzpotent der Auftraggeber der wissenschaftlichen Arbeit war.
Bei Studien, die von großen Pharmakonzernen gesponsert wurden, taten sich die besten Journals schwer mit einer Absage. Galt es doch, sie als Anzeigenkunden bei Laune zu halten. Zudem bestellen die Hersteller-Firmen von Arzneimitteln normalerweise gewaltige Mengen an teuren Sonderdrucken des Journals, in dem die Studie mit dem tollen Ergebnis publiziert ist.
Diese Sonderdrucke nehmen dann die Pharmareferenten auf ihrer Klingeltour von Arzt zu Arzt mit. Und auch hier macht bekanntlich ein angesehener Journal-Name größeren Eindruck.

Es ist also ein in sich geschlossener - logischer - Gedankenkreis, der sich aus den geschäftlichen Interessen aller Beteiligten speist. Alle freuen sich - mit Ausnahme jener, die naiv meinten, dass gute Journals in erster Linie an guter wissenschaftlicher Qualität interessiert seien.

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Da fragt man sich doch sehr, wem man auf dieser Welt eigentlich noch irgendwas glauben darf...

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dasselbe ist mir auch schon aufgefallen.

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